Kommilfoo, Antwerpen
Am 31. Mai 2024 in Belgien | 1289 Aufrufe | 2 Kommentare
Antwerpen ist eines unserer liebsten Reiseziele für Kurztrips. Aber die Stadt bringt uns regelmäßig in ein Dilemma, denn das gastronomische Angebot ist so vielfältig und reizvoll, dass es uns schwerfällt, zwischen Alt- und Unbekanntem zu entscheiden. Und bisher hat es eine Menge Restaurants gegeben, die wir dort besucht haben und es jederzeit gerne wieder täten.
Andererseits haben wir ebenso großen Spaß daran, Neues auszuprobieren und so ist diesmal das „Kommilfoo“ von Chef Olivier De Vinck auf unserer Liste. Das Restaurant gibt es bereits seit 1998, seit 2011 hält man einen Michelinstern und der Gault Millau gibt seit langer Zeit 16 Punkte.
Das Interieur ist licht und hell, klassisch, aber modern mit großen Bodenfenstern.
Angeboten wird ein Menü in vier oder fünf Gängen (90€/110€), optional zu erweitern mit Käse oder einem Signature Dish. Da am Wochenende ohnehin nur dass Fünfgang-Menü zu bestellen ist, gibt es nicht viel zu entscheiden. Der Signature Dish ist Milchlamm, aber da es im Hauptgang eh Lamm geben wird, ist das keine Wahl, Käse hingegen schon.
Als erstes Amuse Bouche erreicht uns eine Makrelenmousse auf einem Rote Bete-Gelee mit Sourcream. Das gefällt mit präzisen Aromen und einer frischen Note.
Etwas weniger überzeugend fällt der zweite Gruß aus, wenngleich die Kombination aus Carpaccio von Tintenfisch, Parmesanschaum und Kürbiscreme spannend klingt. Der Tintenfisch ist zwar fein gewürzt mit einer dezenten Schärfe, allerdings ist der Parmesanschaum eher eine etwas feste Mousse und geschmacklich sehr zurückhaltend, um nicht zu sagen nahezu neutral. Das ist ok, aber eben auch nicht mehr.
Ein deutliches Ausrufezeichen setzt Olivier De Vinck mit der Vorspeise. Saisonal spielt hier weißer Spargel eine entscheidende Rolle, der in angenehm halbdicken Scheiben mit gutem Biss auf den Teller kommt. Zusammen mit kaltem Hummer, Eigelb- und Spargelcreme sowie einer leichten Senfvinaigrette und etwas Crunch ergibt sich ein abwechslungsreiches und elegantes Gericht.
Sehr harmonisch gerät auch der folgende Gang mit einer pochierten Seezunge, die mit einer mit Algen aromatisierten Fischfarce gefüllt ist. Begeistert mich hier bereits das hervorragende Handwerk, überzeugen auch die Beilagen aus Kohlrabi, Spinat und Wildkräutern sowie die leichte Beurre Blanc mit Algen. Die prägnanten Kräuterakzente stehen dem Fisch sehr gut, die Kombination passt, das Handwerk ist toll. So was gefällt mir außerordentlich.
Eine deutliche aromatische Steigerung folgt mit dem Cannelloni aus im Salzteig gegarten Knollensellerie. Der ist gefüllt mit kräftigem Ochsenschwanzragout auf einem Kartoffelpüree, das geräuchert sein soll, aber dessen Rauchgeschmack nicht wirklich erkennbar ist. Ungeachtet dessen ist das Püree sehr gut und zusammen mit grünem Spargel und einem Estragonöl ist das alles sehr stimmig und durchaus kreativ.
Im Hauptgang geht es dann weiter mit einem Kotelett vom schottischen Lammkarree vom Green Egg, das von so begeisternder Qualität ist mit pointiertem Eigengeschmack und schönem Fettmantel, dass die Beilagen darüber fast in den Hintergrund geraten. Dabei sind sowohl die feste Auberginenmousse mit Zucchinischeiben und Paprikacreme sowie der Couscous mit Ziegenjoghurtschaum eine rundum gelungene mediterrane Einfassung. Unnötig zu erwähnen, dass auch die Jus perfekt und klassisch reduziert das hohe Niveau hält. Das Lammfleisch, eines der besten, an die ich mich erinnern kann, steht hier eindeutig im Mittelpunkt, aber auch in Summe ist dies ein durchweg ausgezeichneter Hauptgang.
Käse wird von der Küche vorbereitet und präsentiert vier Sorten aus verschiedenen Ländern, natürlich aus Belgien, aber auch aus Deutschland. Leider ist kein Hartkäse darunter, aber ansonsten sind dies schöne Sorten. Das getoastete Rosinenbrot ist ok, aber für mich, der ich üblicherweise gar nichts zum Käse benötige, entbehrlich. Gleiches gilt für das Früchtechutney. Originell finde ich den recht süßen Cracker.
Den süßen Abschluss des Menüs bildet ein Riegel von Buchweizenbiskuit mit einem Cremeux von Vanille und einer Schicht von festem Kompott aus vor allem Jonagold-Apfel. Erneut gefällt mir hier wieder das traditionelle und makellose Patisserie-Handwerk. Die Nocke Holunderblüteneis auf Granny Smith-Scheiben unterstreicht den insgesamt recht frischen Charakter dieses überhaupt nicht beschwerenden Desserts.
Die Petits Fours mit Madeleines, Cannelés, einem Brandteig sowie einem zimtigen Gebäck reihen sich ein in die klassische Linie, die uns den Abend über begleitet hat.
Dabei waren die einzelnen Gerichte gar nicht so klassisch, sondern durchaus mit dem ein oder anderen modernen Touch. Aber das Handwerk, das Olivier De Vinck zeigt, zeugt von überzeugender Souveränität und einer Klasse, die niemandem mehr etwas beweisen muss. Die Geschmackskombinationen sind stimmig und harmonisch, die Produktqualitäten sehr gut bis ausgezeichnet. Zusammen mit einer moderat kalkulierten Weinkarte und einem Service, der von Inger Blancquaert souverän geführt wird und aufmerksam und herzlich am Gast agiert, haben wir hier einen höchst angenehmen Abend verbracht. Und damit wieder eine Adresse mehr, die uns die Wahl beim nächsten Antwerpen-Besuch schwer macht.
Details
Restaurant: | Kommilfoo |
Adresse: | Vlaamsekaai 17, 2000 Antwerpen |
Öffnungszeiten: | Mittwoch: 19.00 - 20.30 Uhr Donnerstag & Freitag: 12.00 - 13.30 Uhr & 19.00 - 20.30 Uhr Samstag: 19.00 - 20.30 Uhr Sonntag - Dienstag: Ruhetag |
Website: | www.restaurantkommilfoo.be |
Schlagworte
Antwerpen, Kommilfoo, kreativ, Michelin, moderne Klassik, Olivier De Vinck
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