Le Jardin, Reims

An einem Sonntag oder Montag Abend in Reims ein einigermaßen vernünftiges Restaurant zu finden, ist nicht die leichteste Aufgabe. Neben vielen mittelmäßigen, auf Touristenabspeisung spezialisierte Lokale hat die Stadt zwar auch einige gute Adressen (wenngleich der Gault Millau erschreckend wenige höher bewertete Häuser listet), aber die meisten haben eben sonntags geschlossen.

Eine Ausnahme stellt die Brasserie „Le Jardin“ dar, die zum noblen Relais & Chateaux-Hotel „Les Crayères“ gehört und etwas abseits der Innenstadt in einem ausladenden Park gelegen ist. Im Haus selbst gibt es mit dem „Le Parc“ auch noch ein 2 Sterne-Restaurant, aber uns ist heute nach etwas rustikalerem.

Das Restaurant selbst macht einen ausgesprochen gemütlichen Eindruck mit seiner Mischung aus Wintergarten-Atmosphäre, dezent modern wirkenden Backstein-Wänden, geschmackvollen orangeroten Polsterbänken und dem Blick in die Küche hinter Glas.

Der Empfang ist freundlich, Jacken werden uns abgenommen und schnell steht der Apéritif (Champagner – was sonst in dieser Stadt?) zusammen mit fabelhaftem Ciabatta-ähnlichem Weißbrot auf dem Tisch.

Die Karte ist für eine Brasserie relativ überschaubar. Die Vorspeisen bewegen sich eher knapp über 20€, einige vegetarische, einfache Gerichte um 10€, die Hauptspeisen in der Regel knapp unter 30€, die Desserts um 10€. Es gibt ein Drei-Gang-Menü für 31€ und eines mit 4 Gängen für 47€, das wir wählen. Dazu eine Flasche 2014 Viré-Clessé „Quintaine“ von Guillemot-Michel und zum Hauptgang eine halbe Flasche Saint-Joseph von Stéphane Montez. Beide Weine gefallen uns gut und in der Mischkalkulation (weiß teurer, rot eher günstig) ist es dann auch preislich in Ordnung.

Das Menü beginnt mit Linsen und pochiertem Ei. Und es schmeckt – nach Linsen mit pochiertem Ei. Will sagen: es ist gut, aber nichts besonderes. Die Linsen sind klassisch gekocht mit etwas Speck, leicht würzig und noch mit etwas Biss, aber insgesamt relativ brav und das Ei liefert halt auch nur eine schöne Cremigkeit dazu, aber geschmacklich keine besondere Note. Ein paar wenige Croutons für die Textur – c’est tout.

Oeuf poché et lentillons rose de Champagne

Auch die folgende Dorade auf Winzerart ist insgesamt nicht mehr als solide. Ein passables Stück mit etwas Blattspinat und einigen kleinen Trauben, dazu eine Sauce auf Basis einer Beurre Blanc. Das ist erneut klassisch und ordentlich gekocht, also eigentlich kein Grund zum Mäkeln. Aber irgendwie war die Erwartungshaltung vielleicht etwas höher, was vermutlich mein Fehler ist.

Filet de dorage "vendangeur"

Und dann kommt die ausgelöste Wachtel auf einem Ragout von Perlzwiebeln und Pilzen in einer ungemein schlotzigen, kräftigen Schmorsauce. Und ich bin begeistert. Das ist Bistroküche vom Feinsten, mutig gewürzt und handwerklich sehr gut gemacht. Wachteln auszulösen ist jetzt auch nicht das, was ich jeden Tag machen müsste.

Caille désossée et oignons grelots confits
Caille désossée et oignons grelots confits

Und auch das Dessert hält mit. Ein Riegel aus verschiedenen Schichten, einer Mousse vom Käsekuchen, Spekulatiusteig, Mango und Passionsfrucht ist nicht nur schön anzusehen, sondern bietet auch ein abwechslungsreiches Texturspiel. Das ist feine Patissier-Arbeit und macht viel Freude.

Mousse cheese cake, spéculos à la mangue et passion
Mousse cheese cake, spéculos à la mangue et passion

Unterm Strich war dies ein gutes bis sehr gutes Essen, bei dem vor allem das Hauptgericht und das Dessert zu begeistern wussten. Der Service ist ausgesprochen freundlich und sehr aufmerksam, hat immer ein Auge für nachzufüllende Gläser. Zusammen mit dem geschmackvoll gemütlichen und dennoch leicht urbanen Ambiente ist dies sicher eine Brasserie über Durchschnitt.   

Details

Restaurant: Le Jardin
Adresse: 7 av. du Gén.-Giraud, 51100 Reims
Öffnungszeiten: täglich geöffnet
12:00 - 14:00 und 19:00 - 22:00
Website: www.lescrayeres.com/le-jardin-brasserie

Schlagworte

, , , , ,

Verwandte Artikel


Dein Kommentar