
Pottkind, Köln
Am 15. Januar 2025 in Deutschland | 1038 Aufrufe
In einer Stadt zu wohnen, die mehr als reich mit guten und sehr guten Restaurants gesegnet ist und die auch in der Region zahlreiche kulinarisch lohnende Ziele anzubieten hat, ist gleichzeitig Segen, aber auch Fluch. Denn bei soviel Auswahl kann man kaum alle Häuser so oft besuchen, wie man gerne möchte. Und dann stellt man auf einmal fest, dass es doch schon wieder anderthalb Jahre her ist, dass man das letzte Mal hier war. Eigentlich unverständlich, denn jeder Besuch im „Pottkind“, dem charmanten Südstadt-Restaurant, ist seit jeher ein großes Vergnügen.
Und so sitzen wir an diesem Mittwoch Abend erneut an unserem Lieblingsplatz an der Chefstheke, die den spannenden Blick auf das konzentrierte Arbeiten in der offenen Küche erlaubt. Zwischenzeitlich hat das Restaurant ein Facelift bekommen. Die kühl-weißen Kacheln in der Küche sind schicken blauen gewichen und auch der Gastraum hat seinen weiß-türkisen Anstrich gegen ein elegantes Grau getauscht. Alles andere ist wie immer: der Service um Sommelière Charlene Nattkemper und Mitinhaber Lukas Winkelmann ist gewohnt herzlich. Es gibt ein Überraschungsmenü in sechs Gängen (135€), das wahlweise auch vegetarisch zu bekommen ist.
Enrico Sablotny schickt als ersten Appetizer eine klare, mundfüllende Kartoffelbrühe mit etwas Pfefferöl. Die ist weich, erdig, mollig und genau das Richtige als Einstieg an so einem kalten Wintertag.

Gleichzeitig kommt ein weiches Dampfbrötchen mit Mimolettecreme, gepufftem Reis und Sanshoblatt. Das liefert auf kleinem Raum viel Textur und überrascht mit einer Schärfe, die sich erst nach hinten raus breitmacht, dann aber nachhaltig.

Als Amuse Bouche folgt hauchdünn aufgeschnittener Kohlrabi. In ähnlicher Form haben wir den hier auch früher schon als Gruß erlebt, seinerzeit mit Eigelbcreme. Diesmal wird er mit einem Kohlrabiflan kombiniert, der zwar keinen prägnanten Eigengeschmack aufweist, aber als weicher Kontrast gut passt. Den entscheidenden Twist bekommt der Teller ohnehin durch gebackene Hefe und eine spannende Mohnvinaigrette. Ein exzellentes Beispiel, wie überzeugend kreative Gemüseküche sein kann.

Das Menü startet mit Tatar vom Lamm mit Feige. Die ist als Creme auch im Tatar mit verarbeitet. Dazu gibt es gerösteten Buchweizen, Brotchips und schwarze Walnuss, die auch die Vinaigrette bestimmt. Neben dem erdigen Ton zieht sich hier eine feine Süße durch das Gericht und doch bleibt es sehr ausgewogen. Gefällt uns ausgesprochen gut.

Ungewöhnlich setzt Enrico Sablotny Hummer in Szene. Confiert und anschließend abgeflämmt kommt das feine Schwanzstück mit etwas Kerbelwurzel und Physalis. Angegossen wird ein Stachelbeersud mit fermentierter Chili. Die angekündigte Schärfe bleibt für unseren Geschmack zwar aus, aber die fruchtige Note steht dem Hummer sehr gut. Süße und Säure sind zudem fein ausbalanciert.

Es folgt der Brotgang in Form eines Zylinders, der eine Mischung aus Milchbrötchen und Brioche ist, zusätzlich mit Nussbutter und einem Gewürzsud abgebräunt. Die Butter dazu bräuchte es gar nicht, denn das Brot ist so schon ungemein buttrig und gehaltvoll – aber mit ist es noch mal köstlicher.

Die Grundidee für das nächste Gericht entspringt aus einem Personalessen, bei dem jeder ein Lieblingsgericht benennen sollte, das dann von jemand anderem gekocht werden musste. Und so hat es eine verfeinerte Version von Krautfleckerln, hier von Jaromakohl, einer Urversion von Weißkohl, als Basis für den mit Rauchöl marinierten Kabeljau geschafft. Ansonsten ist der Fisch relativ naturbelassen, perfekt gegart, so dass er fein aufblättert. In der aufgeschäumten Sauce auf Basis von Sherry und Geflügelleber finden sich noch Sherryrosinen, die erneut eine gewisse, aber nur dezente Süße ins Spiel bringen. Dadurch, dass sich die Kohlfleckerln am Boden des Tellers befinden, macht sich auch der Kümmel erst relativ spät bemerkbar, was aber für einen überraschenden und rustikalen Twist in diesem ansonsten sehr eleganten Gang sorgt.

Weiter geht es mit La Ratte-Kartoffel in einem kräftigen Sud mit Thai-Basilikum. Und hier gibt es gleich mehrere Überraschungsmomente. Was auf den ersten Blick wie eine etwas in kugelartige Form gebrachte Kartoffel wirkt, ist eine Kartoffelmasse, die dann in eine Yuba-Hülle, also getrocknete Haut von Sojamilch, gefüllt wird. Um einen leichten Crunch zu erzielen, wird das Ganze dann auch noch mit einem Heißluftfön bearbeitet. Alleine dieser Effekt ist bereits verblüffend, aber auch der aromatische Sud macht viel Spaß, denn zusammen mit dem Basilikum, der fast eine florale Note liefert, ist das von großer Tiefe. Kaymak, eine Art Schichtsahne, vergleichbar mit Clotted Cream, bringt als kühles Element Säure und zusätzliche Fülle mit und ganz dezent hat sich auch noch etwas Kaviar auf die Kartoffel verirrt, der natürlich auch perfekt passt. Aber auch ohne dieses Luxus-Extra ist dies sowohl handwerklich als auch geschmacklich großartig, originell und – ohne den Kaviar – erneut ein brillantes vegetarisches Gericht.

Im Hauptgang folgen butterzart geschmorte Stücke von der Iberico-Schweinebacke. Passend dazu und zur Jahreszeit gibt es ähnlich groß geschnittene Stücke von Roter Bete, so dass man in diesem dunkel gehaltenen Tellerbild nicht immer sofort erkennt, ob man es mit Fleisch oder Bete zu tun hat. Etwas Creme von Herbsttrompeten, Shisoblätter sowie eine mit Kirchblütenessig abgeschmeckte kräftige Jus fügen sich sehr stimmig in diesen winterlich-köstlichen Teller ein.

Im Dessert kombiniert die Küche ein Kompott von Kaki und Pinienkernen mit einer Koriander-Crème Pâtissière, die nur sehr zurückhaltend kräutrig ist und einem Eis von Dr. Loosen-Riesling. Ein Baiser-Plättchen mit Karamellcreme rundet das harmonische Gesamtbild ab, das zudem ein schönes Texturspiel bietet. Ein gelungener Abschluss.

Zum Kaffee gibt es als Petit Fours noch ein Karotten-Ingwer-Eis mit Karottensalat und einem Reis-Espuma. Der Ingwer bleibt hier eher im Hintergrund, aber die Karotte sorgt noch mal für einen frischen und süßen Touch.
Einen Fudge präsentiert man hier auch gerne. Bei unserem letzten Besuch war es noch ein Molkefudge mit Tomatenpulver. Diesmal ist es Kaffee mit Rote Bete, auch sehr stimmig.
Besonders überraschend und gut finde ich den noch warmen Krapfen, der mit Meyer-Zitrone ganz ungewohnt säuerlich-bitter gefüllt ist.

Das hat wieder ungemein viel Spaß gemacht. Was aus Enrico Sablotnys Küche kommt, ist auch weiterhin von großer Originalität, clever kombiniert und handwerklich klasse gemacht. Das hat alles eine sehr eigenständige Handschrift. Vor allem die vegetarischen Gerichte können hier sehr überzeugen und so verwundert es nicht, dass es traditionell im „Pottkind“ zur Fastenzeit ausschließlich ein vegetarisches Menü gibt.
Die Kommunikation mit den Köchen und dem Service am Tresen, für mich nach wie vor der spannendste Platz, ist ebenso ein Vergnügen. Außerdem begeistert mich jedes Mal aufs Neue zu sehen, wie perfekt vorbereitet, konzentriert eingespielt und geschmeidig so eine Küche auch auf kleinem Raum funktioniert.
Dass das Restaurant auch an einem Mittwoch Abend bis auf den letzten Platz ausgebucht ist, spricht für sich. Der Stern, der hier seit 2021 strahlt, sitzt jedenfalls bombenfest.
Details
Restaurant: | Pottkind |
Adresse: | Darmstädter Str. 9, 50678 Köln |
Öffnungszeiten: | Dienstag - Samstag: ab 18.00 Uhr Sonntag & Montag: Ruhetag |
Website: | www.restaurant-pottkind.de/ |
Schlagworte
Enrico Sablotny, Köln, kreativ, Lukas Winkelmann, Michelin, neue deutsche Küche, Pottkind
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