Saziani Stub’n, Straden

Was ist nicht alles bereits über Harald Irka geschrieben worden? Jüngster Drei Hauben-Koch, Shooting Star, Genie, Österreichs Antwort auf die Nordic Cuisine etc. etc. – dem eher introvertiert wirkenden, schmächtigen Irka, Jahrgang 1991, wären derlei Attribute vermutlich ähnlich unangenehm wie das Gespräch mit Gästen. Er fühlt sich in der Küche sichtlich wohler. Dabei ist die Geschichte des Linzers zwar kurz, aber dennoch bemerkenswert. Nach seiner Ausbildung vor etwa sieben Jahren hat er sich in den südost-steirischen Saziani Stub’n beworben und wurde genommen. That’s it. Keine große Rundtour durch die Küchen Österreichs oder der Welt. Seit rund 5 Jahren ist er dort nun Küchenchef und hat sich im letzten Gault Millau 18 Punkte erkocht.

Dieser Erfolg kommt nicht von ungefähr, denn das zweifellose Talent, dass Harald Irka mitbringt, hat durch Albert und Anna Neumeister, den Inhabern des renommierten Weingutes, die passende Bühne und den nötigen Freiraum bekommen, um sich voll entfalten zu können. Mittlerweile gibt es auch ein erstes Kochbuch und wenn die Verlage nicht so in die Gänge kommen oder die Vorstellungen zu sehr auseinander gehen, bringen die Neumeisters das eben im Eigenverlag raus. Alleine dieser Umstand beschreibt sehr gut das Verhältnis zwischen Harald Irka und seinen Förderern.

Was erwartet den Gast? Zwei Menüs stehen zur Wahl, eines „Grün“, das andere „Terroir“ benannt. In beiden spielt Gemüse eine tragende Rolle, das grüne Menü ist in Summe vielleicht tatsächlich etwas leichter und frischer, während es in „Terroir“ etwas fülliger und erdiger zugeht. Aber das spielt insgesamt kaum eine Rolle, denn dogmatisch ist Irkas Küche ohnehin nicht.

Wir kennen sie nun seit 2013 und bereits damals war sie sehr klar und fokussiert, auf dem Teller nahezu minimalistisch auf wenige Elemente beschränkt, aber geschmacklich von beeindruckender Tiefe. Seitdem haben sich manche Dinge nicht verändert, wie zum Beispiel die Aufstriche zu Beginn, darunter auch einer vom geräucherten Kalbshirn. Das muss man sich auch in einer Innereien-gewohnten Gegend erst mal trauen. Oder die Wassermelone, der mit unterschiedlichen Gewürzen oder Marinaden jedes Mal neue Nuancen abgewonnen werden.

Deutlicher finden aber Gewürze mittlerweile Einsatz und auch die ein oder andere Schärfe meine ich, dieses Mal bewusster wahrgenommen zu haben.
Neu ist ebenfalls, dass der Hauptgang nun in zwei Gängen serviert wird, wobei der erste Gang unkonventionell sein kann. Zum Bio Hendl wird vorab eine Geflügelleber-Terrine mit Buchweizen und Melone serviert, bevor im zweiten Gang die Brust unfassbar saftig und dennoch knusprig mit Weingartenpfirsich, Karotte und geröstetem Hafer kommt. Nebenbei handelt es sich um eines der geschmacksintensivsten Hühner, die ich seit langem auf dem Teller hatte.

Beim Jungschwein wird im ersten Aufzug Blutwurst mit Kakao kombiniert und in ein Kohlblatt gewickelt. Dazu Holundersenf, Petersiliencreme und Sauerkrautfond. Liest sich wild? Ist es aber nicht. Der kross gebratene Bauch im zweiten Teller nimmt das Holunder- und Kohlthema wieder auf, diesmal eingekocht und gehobelt und fast schon etwas klassisch eingefasst.

Ob Harald Irka bei der Vorspeise aus dem Terroir-Menü Butter oder Sahne eingesetzt hat (worauf er sonst weitestgehend verzichtet), kann ich nicht sagen. Aber die Kombination aus Rote Bete und Pfifferlingen kam in einem derart süffigen und cremig-schaumigen Tomatenfond, dass ich es hätte annehmen wollen. In jedem Fall hat mich dieses Gericht derart begeistert, dass ich es in meine vegetarische All Time Favourite-Liste aufgenommen habe.

Rote Rübe • Eierschwammerl • Fenchel • Senf
Rote Rübe • Eierschwammerl • Fenchel • Senf

Zum Saibling, ebenfalls aus dem Terroir-Menü, war definitiv Butter im Spiel, denn die leichte Beurre Blanc war perfekt und harmonierte ausgezeichnet mit den Pilzen, Trüffeln und Erdnüssen.

Saibling • Kopfsalat • Erdnuss • Dill
Saibling • Kopfsalat • Erdnuss • Dill

Die Marchfelder Artischocke, die in Österreich zu dieser Zeit auf und ab serviert wird, haut mich häufig nicht vom Hocker, da sie mir geschmacklich oft eher zu neutral in Szene gesetzt wird. In den Saziani Stub’n wird sie geschmort, dann gegrillt, von kräftigem Lammjus begleitet, der mit Kümmel, Süßholz und Sternanis gewürzt ist und mit eingelegten Trauben, eingekochter Paprika und Topinambur-Chips herzhaft ergänzt. So abwechlungsreich und trotzdem stimmig habe ich Artischocke im Ganzen wohl noch nie gehabt. Übrigens ist dies ein Gericht aus dem „grünen“ Menü – als Beleg, dass man es auch damit nicht so eng nimmt…

Marchfelder Artischocke • Paprika • Topinambur • Süßholz
Marchfelder Artischocke • Paprika • Topinambur • Süßholz

Auch die Desserts enttäuschen nicht. Eis von Marille, Kokos und Marillenessig findet sich auf einem extrem luftigen Pistazienschaum und erhält mit kleinen getrockneten schwarzen Oliven ein paar knusprige Elemente, die auch einen geschmacklichen Twist setzen.

Marille • Pistazie • Kamille
Marille • Pistazie • Kamille

Im „Terroir“-Menü wird ein karamellisierter Plunderteig mit einer Karamellcreme aus fermentierten Käferbohnen sowie einem Rahmeis mit Meerrettich geschichtet und von einer Lage aus gerösteter Milchhaut gekrönt. Auch hier darf man sich wieder nicht von der wilden Kombination abschrecken lassen. Im Mund verbindet sich alles zu erstaunlicher und wunderbarer Harmonie.

Milch • Käferbohne • Kren
Milch • Käferbohne • Kren

Wir haben heuer zwei Abende in den Saziani Stub’n verbracht und an jedem Abend eines der beiden Menüs gegessen. Am zweiten Abend hatten wir auch das Glück bei lauen Temperaturen auf der wunderschönen Terrasse zu essen (was allerdings auch die schlechte Lichtqualität bei den Bildern erklärt…). Beide Male erlebten wir ein rundes, stimmiges Menü ohne Durchhänger.

Als Weinbegleitung kann man sich zwischen einer regionalen Auswahl mit Weinen aus der Steiermark oder einer nationalen entscheiden, die dann auch andere Regionen Österreichs beinhaltet. Dass sich in beiden Begleitungen natürlich auch Weine des hauseigenen Weingutes finden, versteht sich von selbst, ist aber bei der gebotenen Qualität alles andere als ein Nachteil.

Harald Irka hat einen Stil gefunden, der klar in der südsteirischen Region verwurzelt ist. Sein Kräutergarten alleine öffnet ihm aber bereits weitere Horizonte und behutsam finden auch Zutaten von weiter her ihren Eingang, wenn sie denn Sinn machen. Alles zusammen ist eine Küche, die im besten Sinne großstädtisch ist, die ich mir aber eigentlich nur hier, mit Blick auf die steirische Hügellandschaft vorstellen kann. Das Gespann Neumeister / Irka funktioniert jedenfalls so prächtig, dass ich mir wünsche, es in dieser Form auch noch in den kommenden Jahren zu erleben.

Details

Restaurant: Saziani Stub'n
Adresse: Sazianiweg 42, 8345 Straden
Öffnungszeiten: Mittwoch, Donnerstag & Freitag Abend
Freitag Mittag auf Anfrage
Samstag Mittag & Abend
Sonntag Mittag

Montag & Dienstag Ruhetag
Website: www.neumeister.cc/web/de/saziani-stubn/home/index.html

Schlagworte

, , , , , ,

Verwandte Artikel


Dein Kommentar