Schwarzer Adler, Vogtsburg-Oberbergen

Es ist ja immer leicht, Superlative zu bemühen. Aber auf den „Schwarzen Adler“ im beschaulichen Oberbergen am Kaiserstuhl treffen sie in mehrerlei Hinsicht zu. Angefangen beim sagenumwobenen Weinkeller, der in Breite und Tiefe alles bereithält, was man sich nur wünschen kann und das auch noch zu Preisen, die häufig deutlich unter dem liegen, was man heute am Markt bezahlen müsste.

Das Restaurant, das sich über viele Jahrzehnte zu einer kulinarischen Institution entwickelt hat, wie es wohl nur wenige im Land gibt und das sich nie den Moden gebeugt hat.

Tradition ist hier Programm, auf dem Teller wie auch personell. Hubert Pfingstag leitete mehr als 46 Jahre den Service, Anibal Strubinger 34 Jahre die Küche und Melanie Wagner ist auch bereits seit mehr als 20 Jahren die Chef-Sommelière. Die Übergänge hat man behutsam in die Wege geleitet.

Da muss es doppelt geschmerzt haben, als der Michelin 2020 nach mehr als 50 Jahren plötzlich den Stern strich. Man mag es als Ausdruck besonders publikumswirksamen Aktionismus des roten Führers betrachten, der es sich ja in den letzten Jahren durchaus zur Aufgabe gemacht hat, auch an Denkmälern zu kratzen. Oder vielleicht gab es tatsächlich an der Küchenleistung Kritikwürdiges. Wir wissen es nicht, weil wir zu der Zeit nicht dort waren. Aber Fritz Keller, der Patron des Hauses und langjähriger Präsident des SC Freiburg und damit Auf- und Abstieg gewohnt, nahm es sportlich und die Herausforderung an. Und siehe da: gemeinsam mit Küchenchef Christian Baur holte man sich den Stern ein Jahr später wieder zurück.

Dem Zuspruch des Hauses wird auch der kurzzeitige Dämpfer keinen Abbruch getan haben. Die Gäste, sei es aus den nah gelegenen Nachbarländern oder aus ganz Deutschland wissen eh, was sie am „Schwarzen Adler“ haben und dort erwarten dürfen. Old school ist hier nicht despektierlich besetzt, sondern ein Prädikat, das geschätzt wird. Als wir uns mit Mathieu Vanneste, Sommelier im belgischen Dreisterne-Restaurant „Boury“, ein wenig über die deutsche Gastronomie austauschen, erwähnt er als erstes den „Adler“ als eines seiner Lieblingsrestaurants. Und das nicht nur wegen des gigantischen Weinangebots. So viel zum weit über die Grenzen reichenden Ruf dieser Institution.

Außenansicht
Außenansicht

Und so freuen auch wir uns, nach längerer Zeit mal wieder hier zu sein, wenngleich die etwas luftigeren Plätze auf der Terrasse bereits belegt sind. Aber auch im Gastraum sitzt es sich bequem. Unsere Wahl fällt heute auf Gerichte aus dem à la Carte-Angebot und nicht auf das fünfgängige Menü (145€). Außerdem gibt es einen Käsewagen mit Sorten von Maître Affineur Antony. Wer wollte da widerstehen?

Wie herrlich altmodisch im besten Sinne ein Essen im „Adler“ beginnt, zeigt sich schon bei den Käse-Blätterteigstangen zum Apéritif. Keine Batterie von Snacks, Tartelettes oder sonstigem Fingerfood, sondern ganz klassische Blätterteigstangen. Wunderbar!

Käsestangen
Käsestangen

Ein Amuse Bouche gibt es natürlich auch. Hier in Form von Aal im Spinat- oder Mangoldblatt auf flaumigem Kartoffelschaum und Auberginenkaviar. Letzterer bringt einen leicht säuerlichen Touch, aber am präsentesten ist der Aal. Das ist süffig und einfach lecker.

Amuse Bouche
Amuse Bouche

Ausdruck allerfeinster Klassik ist die Opéra-Schnitte von der Gänseleber. Sie ist von fester, aber geschmeidiger Konsistenz mit eingearbeiteten Schichten von Sellerie. Schwarze Nuss und Quittenkompott sowie ein separates Brioche geben die ebenso traditionellen Mitspieler. Wer hier Experimente erwartet, ist definitiv am falschen Ort. Alle anderen sind, so wie wir, sehr angetan.

Opera-Schnitte von der Gänseleber und Knollensellerie mit schwarzer Nuss und Brioche
Opera-Schnitte von der Gänseleber und Knollensellerie mit schwarzer Nuss und Brioche

Ich entscheide mich als ersten Gang für den Kaisergranat, der hier in stattlicher Größe auf den Teller kommt. Dazu gibt es Tomaten als Salat, Essenz sowie als Schaum und eine großzügige Nocke recht milden Impérialkaviars. Das ist stimmig, mit guter Säure ausgestattet und in Summe eine schöne, leichte sommerliche Vorspeise.

Bunte Tomaten und weißes Tomatenmousse mit gegrilltem Kaisergranat und Impérialkaviar
Bunte Tomaten und weißes Tomatenmousse mit gegrilltem Kaisergranat und Impérialkaviar

Im Hauptgang wählt mein Mann Lamm. Der Rücken kommt mit schöner, knuspriger Fettkruste, aber erstaunlicherweise ohne prägnanten Eigengeschmack. Der Bauch ist im Brotmantel gearbeitet, was handwerklich gut gemacht ist. Dazu gibt es lila Aubergine und Schalotten sowie eine intensive, gute Jus. Ein Gericht, an dem es nicht viel auszusetzen gibt, außer dass man sich einen deutlicheren Lammgeschmack hätte wünschen können.

Rücken und Bauch vom Lamm der Wanderschäferei Stotz mit violetter Aubergine und Paprikacrème
Rücken und Bauch vom Lamm der Wanderschäferei Stotz mit violetter Aubergine und Paprikacrème

Für mich soll es – natürlich – Taube sein. Und hier wird es jetzt richtig üppig. Zu den zwei wunderbar gegarten Tranchen von der Brust gibt es noch gebratene Entenleber, sehr fluffige Briocheknödel, Steinpilze, Mairübchen und eine ebenfalls intensive Jus. Das ist alles sehr reichhaltig und mag etwas rustikal in der Präsentation wirken. Sehr gut ist es allemal.

Taubenbrust von Theo Kieffer an der Karkasse gebraten mit Holunderjus, Wacholder, gebratener Entenleber und Brioche-Milzschnitte
Taubenbrust von Theo Kieffer an der Karkasse gebraten mit Holunderjus, Wacholder, gebratener Entenleber und Brioche-Milzschnitte

Der Käsewagen im „Schwarzen Adler“ ist nicht üppig bestückt, aber dafür nur mit dem Feinsten vom Elsässer Käsepapst Maître Antony. Dass die Sorten perfekt gereift und auf den Punkt sind, steht da außer Frage. Jedes Mal ein großes Vergnügen, Käse in solcher Qualität genießen zu können.

Im Dessert interpretiert Christian Baur die Schwarzwälder Kirsch auf originelle Art. Im Schokoladenzylinder findet sich Sauerkirsche als Gelee und eingelegt sowie als Mousse und Kirschwasserespuma. Obenauf ein Sorbet und im Inneren ein Schokoladenkern. Das ist eine schöne Variation und handwerklich gut gemacht.

"Schwarzwälder Kirsch" mit Gelee, Parfait und Sorbet von der Kirsche, Kirschwasseremulsion und Schokoladen-Croustillant
"Schwarzwälder Kirsch" mit Gelee, Parfait und Sorbet von der Kirsche, Kirschwasseremulsion und Schokoladen-Croustillant

Ich bin nach meinem Hauptgang und dem Käse so gut gesättigt, dass es für mich etwas frischer zugehen soll. Da kommen mir die Beeren vom Kaiserstuhl gerade recht. Sie kommen auf einer Erdbeermousse und mit ausgezeichnetem Sauerrahmsorbet. Lediglich das Körbchen aus weißer Schokolade ist nach meinem Geschmack zu dick geraten. Insgesamt aber ist das ein gutes Dessert, das leicht genug ist, dass es noch Platz findet.

Kaiserstühler Beeren mit Sauerrahmeis und weißer Valrhona-Ivoire-Schokolade
Kaiserstühler Beeren mit Sauerrahmeis und weißer Valrhona-Ivoire-Schokolade

Auch die Petits Fours sind klassisch und tadellos gearbeitet. Wann haben wir zuletzt eine Mandelhippe dabei gehabt?

Petits Fours
Petits Fours

Über den legendären Weinkeller muss man nicht mehr viele Worte verlieren. Die eindrucksvolle Weinkarte ist zum Glück online verfügbar, so dass man vorab eine Vorauswahl treffen kann. Bei mehr als 40 eng bedruckten Seiten ist das auch mehr als notwendig, wenngleich das Haus natürlich kompetente Beratung anbietet. Auch wir sind mit unserer Wahl für einen Bourgogne Blanc von Antoine Jobard und einen Côtes-du-Rhône von Chateau des Tours sehr glücklich.

Dass der Service generell dem hohen Niveau des Hauses entspricht, versteht sich von selbst. Der „Schwarze Adler“ ist ein Ort, an dem sich passionierte Genießer, egal ob sie sich für moderne und experimentelle Küche begeistern oder generell lieber traditionelle Gerichte bevorzugen, wohlfühlen. Denn irgendwann und sei es nur ab und zu, treibt es uns zurück zur Klassik, vor allem wenn das Gesamtpaket aus Küche, Keller und Service so gut passt wie hier.

Details

Restaurant: Schwarzer Adler
Adresse: Badbergstrasse 23, 79235 Vogtsburg-Oberbergen
Öffnungszeiten: Montag, Dienstag und Freitag: 18.30 - 23.00 Uhr
Samstag + Sonntag: 12.00 - 15.00 Uhr und 18.30 - 23.00 Uhr
Mittwoch + Donnerstag: Ruhetag
Website: www.franz-keller.de/schwarzer-adler/restaurant

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