Gut Lärchenhof, Pulheim
Am 10. September 2023 in Deutschland | 1802 Aufrufe | 1 Kommentar
Unser Urlaub ist zwar gerade vorbei und eigentlich wollten wir erst mal eine kleine Restaurantpause einlegen, aber der Spätsommer präsentiert sich in so blendender Verfassung, dass ein Mittagessen am Sonntag genau das Richtige zu sein scheint, um der Hitze zu entfliehen.
Der passende Ort dafür liegt heute eine kleine Autofahrt von Köln entfernt im noblen Golfclub „Gut Lärchenhof“ in Pulheim. Schon der Wagenpark auf dem Parkplatz signalisiert, dass hier vor allem gut betuchte Klientel die Eisen schwingt. Mit unserem Smart fühlen wir uns da zwar ein wenig deplatziert, aber wir sind ja nicht zum Autos schauen gekommen, sondern um die Küche von Torben Schuster zu genießen, den der Gusto gerade zum Koch des Jahres gekürt hat. Seit 2017 ist er für die Küche auf „Gut Lärchenhof“ verantwortlich, seit 2018 hält er einen Michelinstern. In den letzten Jahren wurde er auch verstärkt als Kandidat für einen zweiten Stern gehandelt.
Das Setting jedenfalls erfüllt schon mal alle Erwartungen an einen genussvollen Mittag. Die großzügige und schattige Terrasse mit Blick auf das gepflegte, weitläufige Grün lassen umgehend große Entspannung aufkommen. Das Glas Champagner hilft dabei zweifellos ebenso.
Das Studium der Karte ist schnell erledigt. Es gibt ein Menü in fünf, sechs oder acht Gängen (149€ / 169€ / 199€) mit Wahlmöglichkeit beim Hauptgang. Wir belassen es heute bei fünf Gängen.
Zum Champagner erreichen uns die ersten Fingerfood-Häppchen. Ein Kartoffelröllchen mit Kalbfleischfüllung ist gut abgestimmt, aber von erstaunlich rustikalem Charakter, während das Sepia-Körbchen mit Nordseekrabben von einnehmender Süffigkeit ist.
Mit dem Amuse Bouche wird es eine ganze Ecke vielschichtiger. Taschenkrebs kombiniert Torben Schuster mit Pak Choi, Salaten und Blutwurstwürfeln. Das ist passender, als es klingt, zeigt eine leichte Süße, ist cremig und mit schönem Texturspiel. Ein gelungener Einstieg.
Den Auftakt ins Menü markiert ein Tatar vom Kaisergranat, in das Gänseleber eingearbeitet ist, was dem Ganzen Cremigkeit und Fülle verleiht. Am Boden gibt es eine Scheibe Hokkaidokürbis, obenauf kleine frittierte Garnelen für den Knusper. Angegossen wird eine Dashi, die sowohl Süße, aber auch ausreichend Säure aufweist. Ein vielschichtiges Gericht und starker Beginn.
Im nächsten Gang folgt Jakobsmuschel in Scheiben, recht naturell ohne Röstaromen in einem Sud von geräuchertem Tomatenschaum mit Kohlrabi. Auch hier ist erneut ein ausgewogenes Süße-Säure-Verhältnis prägnant. Am Tisch wird noch getrocknete Abalone über das Gericht gehobelt, was für zusätzliche Würze sorgt.
Mit dem Seeteufel wird es deutlich reduzierter. Der erneut pur belassene Fisch auf Spinat kommt mit einer schaumig aufgeschlagenen Kombu-Beurre-Blanc und pochierten Austern, getoppt mit N25-Imperialkaviar. Dieser ganz aufs Wesentliche fokussierte Gang lebt eindeutig von der ausgezeichneten Qualität des Fisches und der sehr überzeugenden Sauce.
Ähnlich reduziert, zumindest in der Präsentation, gestaltet sich auch der Hauptgang meines Mannes. In einem Mantel aus Mairübchen sind Presa vom Ibericoschwein und Bries verarbeitet. Das Fleisch ist gut, aber nicht sonderlich prägnant. Dafür hinterlässt die Sauce auf Basis von fermentierter Johannisbeere den stärksten Eindruck.
Ich hatte zuvor darum gebeten, den Hauptgang gegen den ersten Fleischgang im großen Menü zu tauschen, was problemlos möglich war. Und die Wahl macht mich sehr glücklich, denn die Wachtelbrust ist perfekt gebraten und erhält mit dem Kimchi-Gewürzlack sehr würzige Akzente. Ebenso auf den Punkt dazu die gebratene Gänseleber und auch die Keule im Sesammantel ist saftig und aromatisch. Dazu gibt es ganz fein gehobelten Spitzkohl, der wie Sauerkraut angemacht ist. Die Sauce ist perfekt reduziert, was den kräftigen Charakter des Gerichts unterstreicht. Ein nahezu klassisch anmutender Gang mit tollen Einzelkomponenten. Ausgezeichnet!
Ungewöhnlich wird es mit dem Dessert, in dem Topinambur in Texturen die Hauptrolle spielt. Sie kommt als Mousse, gefüllt mit Lakritzeis, geschichtet mit Granny Smith. Beides findet sich auch im Sud, der eine markante Säure aufweist und damit die Erdigkeit mit Frische kontrastiert. Dies ist dennoch keines der typischen Gemüsedesserts, denen jegliche Assoziation zu Süßspeisen abgeht. Natürlich ist das hier nicht ausgeprägt süß, aber bei aller Originalität ist das dann doch immer noch ein Nachtisch, der sich gut ins Menü einfügt.
Gut auch die abschließenden Petits Fours, bei denen uns vor allem die Pralinen mit ihrem asiatischen Touch ausgezeichnet gefallen. Das „Kölsch“, so erzählt uns Torben Schuster, ist seine Interpretation eines Kindheitsklassikers, des „Solero“-Eis mit Passionsfrucht und Vanille. Und in der Tat ist man da ganz nah am Originalgeschmack.
Torben Schuster, der über Stationen bei Jonnie Boer und Yoshizumi Nagaya in seiner Vita verfügt, hat einen ganz eigenen Stil entwickelt. Kreativ, modern, fokussiert und auch mal eher klassisch, wenn es die bessere Option ist. In jedem Fall ist es nie langweilig, oft mutig und zeugt von einer eigenständigen Handschrift.
Der Service ist ausgesprochen freundlich und aufmerksam. Darüber wacht auch Peter Hesseler, der Patron des Hauses, dem auch das ebenfalls Michelin-prämierte „La Société“ und das „ITO“ in Köln gehören. Dass seine Aufmerksamkeit mehr den Stammgästen gehört, ist vor allem in diesem Rahmen wohl völlig normal. Ein „Auf Wiedersehen“ zur Verabschiedung wäre trotzdem nicht zu viel verlangt. Aber das macht das übrige Team gut und locker wieder wett.
Als wir unseren Smart wieder durch das große Eisentor lenken und nach Köln zurückfahren, liegen die gepflegten Putting-Greens schnell hinter uns und die Baustellen vor uns. Der Sommer darf aber trotzdem gerne auf diese Weise zu Ende gehen.
Details
Restaurant: | Gut Lärchenhof |
Adresse: | Am Steinwerk 1, 50259 Pulheim |
Öffnungszeiten: | Donnerstag + Freitag: 18.00 - 21.00 Uhr Samstag: 12.00 - 13.30 Uhr und 18.00 - 21.00 Uhr Sonntag: 12.00 - 13.30 Uhr Montag - Mittwoch: Ruhetag |
Website: | www.restaurant-gutlaerchenhof.de/ |
Schlagworte
Gut Lärchenhof, Koch des Jahres, kreativ, Michelin, Pulheim, Torben Schuster
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Haha, sehr subtil ausgedrückt: „Ein „Auf Wiedersehen“ zur Verabschiedung wäre trotzdem nicht zu viel verlangt.“ Nein, aber ernsthaft, ich empfinde das auch sehr zwiespältig, wenn man das Gefühl hat, da wird zu klar zwischen Stammgästen und Erstgästen unterschieden (auch wenn du richtigerweise ja anmerkst, dass das in Teilen auch dazu gehört). Trotzdem gibt es einfach Häuser, die diese Unterscheidung – wenn überhaupt – viel subtiler handhaben. Dieser Umgang mit dem Gast ringt mir dann immer extra großen Respekt ab und komme vielleicht eine Spur eher wieder zurück. In so einem Fall schade, weil die Gesamterfahrung doch etwas getrübt wird…