ITO, Köln
Am 6. Juni 2023 in Deutschland | 1880 Aufrufe
Gute zwei Jahre ist es her, dass wir während des Lockdowns ein Take Away-Angebot vom „ITO“ wahrgenommen haben, das gerade einige Monate zuvor, also zur denkbar ungünstigsten Zeit, eröffnet wurde. Bereits mit dem Menü machte Küchenchef Kengo Nishimi seinen Anspruch deutlich, hier mehr als Mittelmaß abzuliefern.
Anderes wäre auch kaum zu erwarten gewesen, gehört das „ITO“ doch zur Gastrogruppe von Peter Hesseler, der auch für die besternten Restaurants „Gut Lärchenhof“ und „La Société“ verantwortlich zeichnet.
Zudem hat Kengo Nishimi nach Stationen in Kanada, Australien und Neuseeland auch bei Yoshizumi Nagaya, dem nach Ansicht vieler besten japanischen Koch in Deutschland, gearbeitet.
Beste Voraussetzungen also für einen ohnehin lange vorgenommenen Besuch vor Ort im Belgischen Viertel. Das Restaurant selbst ist angenehm schlicht eingerichtet mit großer Fensterfront, offenem Sushi-Counter und einigen Außenplätzen.
Bei der Onlinereservierung muss man sich vorab festlegen, ob man à la Carte oder das Omakase-Menü essen möchte. Wir entscheiden uns für Letzteres und können am Abend noch wählen, ob wir das Überraschungsmenü in fünf oder sechs-Gängen (99,-€ / 124€), also mit Fisch- und Fleischgang haben möchten.
Zum Auftakt schickt die Küche eine roh marinierte Scholle in Lauchasche mit gepufftem Quinoa und einem Zitrusgel. Das hat durch die Lauchasche einen leicht erdigen Touch, der aber von der frischen, fruchtigen Note kontrastiert wird.
Ein weiteres Amuse Bouche gibt es in Form eines Thunfischtatars mit Frühlingslauch auf einer Scheibe geröstetem, selbstgebackenem Baguette. Hier steht ganz eindeutig der klare Geschmack des Fischs im Vordergrund, der den am Tisch darüber gehobelten Trüffel gar nicht gebraucht hätte, zumal dieser sich auch recht geschmacksarm präsentiert.
Das Menü beginnt mit einer Spargelcremesuppe, die mit Dashi angemacht wurde und einen schönen deutlichen Geschmack aufweist. Die Suppe ist nur leicht gebunden und weist eine gute Tiefe auf. Dazu gibt es eine Wakametartelette mit Hamachitatar und Rettich, das einen frischen Kontrapunkt setzt.
Wunderhübsch angerichtet ist das Sashimi vom Zander, das mit Lachskaviar, Yuzu, Daikonrettich und Gelee von Salzpflaume ein vielfältiges Texturspiel erhält und mit einem Spektrum von feiner Würze und Jodigkeit auch aromatisch punkten kann.
Mit einem perfekt gegarten, leicht abgeflämmten und wunderbar aufblätternden Stück Kabeljau geht es weiter. Dazu serviert wird Spargel im Nori-Paket, was eine originelle und köstliche Beilage ist. Auch die Wasabi-Beurre-Blanc mit kleinen Spargelstückchen ist ausgezeichnet gelungen und liefert zudem eine feine, elegante Schärfe.
À part gibt es einen Spargel-Eierstich, den ich geschmacklich eher neutral empfinde, auch wenn die Konsistenz gut geraten ist. Darauf Scheiben vom Pata Negra-Schinken, der nur durch die Wärme des Eierstichs auch etwas Hitze bekommt, etwas Yuzugel und ein knuspriger Lotuschip. Das stellt einen recht milden Kontrast zum vergleichsweise würzigen Hauptteller dar und funktioniert gerade deshalb in Kombination sehr gut. In Summe ist dies ein ganz vorzüglicher Gang.
Es folgt Sushi von Lachs, Gelbschwanzmakrele, Thunfischrücken und abgeflämmtem Thunfischbauch. Die Fischqualität ist makellos, ebenso der feine, körnige Reis, der zwar kompakt, aber eben auch nicht pappig ist. Dazu gibt es frisch geriebenen Wasabi, der natürlich so gar nichts mit dem allseits üblichen Industriezeug zu tun hat.
Im Hauptgang gibt es Kalbfleisch, durchgehend rosa gegart und von charaktervoller Qualität. Das Fleisch ist nur sparsam mit etwas Salz, aber genau richtig abgeschmeckt. Auch der grüne Spargel ist pointiert gewürzt, Wasserkressepüree, Zitrus-Kokos-Schaum und eine tolle Miso-Hollandaise komplettieren dieses sehr gute Gericht.
Für das Dessert kombiniert Kengo Nishimi Mousse von schwarzem Sesam mit Granny Smith-Minz-Sorbet und mariniertem Apfel in länglichen Streifen. Die sind mit Minze sehr prägnant aromatisiert und ergänzen sich gut mit dem fruchtigen, leicht gehaltvollen Sud aus grünem Tee und Minzöl. Das ist ein Abschluss, gekonnt zwischen Japan und Europa oszillierend, der sich damit gelungen in das gesamte Menü einfügt.
Zwei gute Petits Fours beenden den Abend, der uns durchgehend Gerichte präsentiert hat, denen wir Michelinstern-Niveau attestieren würden.
Zutaten und Zubereitungen sind ausgezeichnet, das kreative Niveau hoch und die Präsentationen sehr ästhetisch. Mit seiner japanisch-europäischen Stilistik liegen natürlich Vergleiche zum „Nagaya“ nahe, aber Kengo Nishimi muss sich dahinter nicht verstecken. Einige Gerichte, wie zum Beispiel der Kabeljau oder die Sashimi-Version haben mich sogar mehr überzeugt.
Natürlich kann und sollte man auch weiterhin für solche Küche nach Düsseldorf fahren. Unbedingt nötig wäre es aber nicht, wenn man in Köln lebt.
Details
Restaurant: | ITO |
Adresse: | Antwerpener Str. 15, 50672 Köln |
Öffnungszeiten: | Dienstag: 18.30 - 21.30 Uhr Mittwoch - Freitag: 12.00 - 14.00 Uhr und 18.30 - 21.30 Uhr Samstag: 18.30 - 21.30 Uhr Sonntag & Montag: Ruhetag |
Website: | www.ito-restaurant.de/ |
Schlagworte
ITO, japanisch, Kengo Nishimi, Köln, kreativ, Omakase
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