Komu, München

In kaum einer Stadt in Deutschland ist kulinarisch im Moment so viel Bewegung wie in München. Zahlreiche Neueröffnungen und Köchewechsel machen die Stadt derzeit zum spannendsten Ziel für Foodies. Und auch wir sind bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr hier.

Diesmal ist es vor allem das „KOMU“, das uns reizt. Hier, im Hackenviertel mitten in der Innenstadt gelegen, hat Christoph Kunz den Sprung in die Selbständigkeit gewagt. Zuvor hatte er in Dallmayrs „Alois“ zwei Michelinsterne erkocht und sich damit in der Spitze etabliert.

Wir haben seine Küche dort nicht kennen gelernt und sind daher unbefangen und neugierig zugleich. Positiv fällt zunächst auf, wie hell und licht das Restaurant gestaltet ist. Bereits die großzügigen Fensterfronten, die sowohl einen Blick in den Eingangsbereich, in dem auch Apéritif und erste Snacks eingenommen werden als auch in die Küche erlauben, signalisieren freundliche Offenheit. Während in vielen anderen Restaurants gesetzte, dunkle Farben den Ton angeben, bestimmen im „KOMU“ helle Farben, darunter auch orange und gelb das Ambiente. Es gibt zudem einen Chef’s Table und eine Sitzecke mit Blick in die Küche. Von dort können auch wir das Geschehen beobachten.

Abends wird ein Menü in acht Gängen (249€) angeboten, mittags ein Menü in vier Gängen (119€). Samstagmittag gibt es zudem ein Angebot, wir sind schließlich in München, das Wiener Schnitzel, Kaviar und Champagner als Lunch in zwei Seatings beinhaltet.

Zum Apéritif werden die ersten Snacks gereicht, ein Teigkörbchen mit Sellerie, Räucheraal, grünem Apfel und Crème fraîche sowie eine Buchweizentartelette mit gelber Bete und Sanddorn. Die beiden bildhübsch gearbeiteten Happen beeindrucken mit klarem, ausgesprochen frischem Geschmack.

Am Tisch geht es dann weiter mit den Grüßen. Als erstes folgt Entenkeule mit fermentiertem Pfeffer, Gillardeau-Auster und Gurke, das gekonnt herzafte, jodige und frische Noten zu einem tollen Aromenspiel kombiniert.

Amuse Bouche III
Amuse Bouche III

Den Abschluss der Grüße bildet ein Gericht, das, wie uns Christoph Kunz erklärt, schon im „Alois“ ein Signature Dish war. Ein Salat von Apfel und Staudensellerie wird mit einem Espuma von Popcorn, knusprigen Elementen und Kaluga Kaviar originell und kontrastreich ergänzt.

Amuse Bouche IV
Amuse Bouche IV

Das Menü startet mit gebeiztem Saibling von toller Qualität. Da die Haut naturgemäß nicht knusprig ist, hätte ich den Fisch ohne sie serviert, aber das mag Geschmackssache sein. Dafür überzeugt der Fisch mit festem, ausdrucksstarkem Fleisch. Dazu gibt es einen Salat von Apfel und Meerrettich mit aus Lardofett gezogener Mayonnaise. Das ist in Summe eine sehr elegante Komposition, in der der Meerrettich für mich durchaus noch etwas akzentuierter hätte herausgearbeitet werden können.

Saibling, Buttermilch, Meerrettich
Saibling, Buttermilch, Meerrettich

Für den Brotgang hat sich Christoph Kunz für eine andere Variante entschieden als die meisten anderen Restaurants in diesem Segment. Zur gesalzenen Butter serviert er ein Naan-Brot aus Sauerteig, Joghurt und Butter, das heiß, fettig und mit markantem Eigengeschmack an den Tisch kommt.

Naan-Brot & Butter
Naan-Brot & Butter

Es folgt eine gestockte und mit frischem Lorbeer abgeschmeckte Frischkäsecreme, auf die Brokkoli als Creme und Röschen platziert sind. Letzere sind geröstet und geräuchert, was eine ganz dezent rustikale Note in das Gericht bringt. Etwas Physalis und ein kleiner Salat setzen zusätzlich säuerliche und herbe Akzente. Und das Ganze erhält durch eine Sauce, die ein wenig an Saté erinnert, noch eine ganz feine, subtile Schärfe. Ohne Frage gehört dies für mich zu den beeindruckendsten vegetarischen Gerichten in diesem Jahr.

Brokkoli, Haselnuss, Lorbeer
Brokkoli, Haselnuss, Lorbeer

Mit fein geschnittenem Tintenfisch auf Zuckerschoten und Algen geht es weiter. Angegossen wird eine doppelt geklärte Hühnersuppe. Dies ist erneut kein lauter Gang, sondern einer, der mit sehr genau aufeinander abgestimmten Aromen spielt. Auch wenn die Brühe doppelt geklärt ist, ist sie nicht so konzentriert, dass sie an den Lippen kleben würde. Dafür dient der feine Hühnergeschmack als umschmeichelnde Decke für den zarten Tintenfisch. Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, ist dies ein erneut sehr elegantes Gericht.

Blanc de Seiche, Hühnersuppe, Alge
Blanc de Seiche, Hühnersuppe, Alge

Der Bonito für den nächsten Gang wurde eine längere Zeit bei lediglich 25° vorgegart und dann nur für wenige Sekunden unter den Salamander gegeben. Der milde Fisch erhält seine aromatische Verstärkung und Textur durch die Sauce von Bouchot- und Stabmuscheln. Ansonsten darf er auf diesem Teller ohne weitere Ablenkung mit seiner fabelhaften Qualität glänzen. Separat gibt es dazu noch einen Salat von frischem Fenchel mit Küstenkräutern und einer Creme von Muscheln, die für mich als solche aber nicht erkennbar ist. Das dient für mich insgesamt eher als frisches, ergänzendes Element. In Summe sehr gut abgestimmt und köstlich.

Weiter geht es mit Wachtelbrust mit einem Mantel aus Amaranth und krosser Hühnerhaut. Das Fleisch selbst ist rosa gebraten und weist keine Röstaromen auf. Diese zurückhaltende, aber elegante Zubereitung passt auch besser zu der Begleitung aus Pilzen, Tomatencreme und Erbsen mit Liebstöckel. Die wunderbar reduzierte Sauce komplettiert diesen für sich bereits ausgezeichneten Teller.

Aber damit ist es noch nicht getan. Im Anschluss wird das Keulenfleisch mit Steinpilzen als Ragout und mit Kartoffelpüree serviert. Das ist dann quasi die rustikale, aber nicht weniger feine Alternative und rundet den Hauptgang perfekt ab.

Bei aller Freude an einem gut sortierten Käsewagen bin ich ein großer Freund von zubereiteten Käsegängen. Hier kommt alter Gouda als Schaum auf Karottencreme und Kimchikarotten. Dazu gibt es frisch gebackene belgische Waffeln, in denen der Käse ebenfalls verarbeitet ist. Das ist ein leckeres, unkompliziertes Löffel- oder Aufwischvergnügen.

Gereifter Gouda, Karotte, belgische Waffel
Gereifter Gouda, Karotte, belgische Waffel

Um den Übergang zur süßen Abteilung nicht zu abrupt zu gestalten, folgt gegrillte Paprika als Eis und in der Grütze mit Johannisbeeren, dazu eine Mascarponecreme und Chorizoöl. Das geht deutlich harmonischer zusammen als es klingt und kann vor allem auch mit pikanter, aber nicht dominanter Schärfe überzeugen.

Gegrillte Paprika, Johannisbeere, Sherry-Essig
Gegrillte Paprika, Johannisbeere, Sherry-Essig

Im letzten Dessert gibt es ein Sorbet von Williams Christ-Birne, die auch im Sud verarbeitet wurde, mit einer Mousse von Sonnenblumenkernen. Purple Curry steuert florale Noten bei und Kapuzinerkresseöl etwas vegetabile Fülle. Das ist in Summe nicht zu süß, sehr modern und dabei sehr gefällig. Ein ausgezeichneter Abschluss des Menüs.

Williams Christ-Birne, Sonnenblumenkerne, Purple Curry
Williams Christ-Birne, Sonnenblumenkerne, Purple Curry

Bei den Petits Fours ist das “Solero“-Eis von Langnese dieses Jahr offenbar für manche Köche Inspiration an Kindheitserinnerungen. Im „Gut Lärchenhof“ erlebten wir Torben Schusters Interpretation. Und auch Christoph Kunz  nimmt sich des Themas an mit einem Eis mit schöner Passionsfruchtnote und Knusper. Ergänzt werden die letzten süßen Grüße von einem Haselnusstrüffel und einem Windbeutel, gefüllt mit Zitronencreme und einer Creme von weißer Schokolade und Kaffirlimette. Das ist luftig und säuerlich.

Auch diese letzten Kleinigkeiten halten mühelos das hohe Niveau des gesamten Abends.

In meinen Notizen finden sich zu nahezu jedem Gang Beschreibungen wie fein und elegant. Und genau das kennzeichnet für mich das gesamte Menü, beginnend bei den Grüßen und endend mit den Petits Fours. Christoph Kunz haut nicht die laute Pauke und will auch nicht mit wilden Kombinationen verstören, sondern er kreiert Gerichte, die ganz auf Harmonie angelegt sind. Meistens aromenstark, manchmal mit eher subtilen Tönen – aber immer überzeugend. Damit unterstreicht diese Küche auch, was das ganze Restaurant mit seinem hellen Ambiente vermittelt.

Und auch der durchweg herzliche Service macht den Abend hier zu einem Vergnügen. Das gilt auch für Maximiliane Lemli, die als Sommelière eine Karte verantwortet, die für Münchner Verhältnisse erfreulich moderat kalkuliert ist. Christoph Kunz selbst ist nicht nur in der Küche präsent, sondern nimmt auch seine Rolle als Gastgeber souverän und offen wahr. Innerhalb weniger Monate hat er das „KOMU“ zu einem runden Konzept gestaltet, das sich zweifellos nicht nur in der Münchner Szene in der Spitze etablieren wird, sondern auch in den Bewertungen da anknüpfen wird, wo er zuletzt aufhörte.

Details

Restaurant: Komu
Adresse: Hackenstraße 4, 80331 München
Öffnungszeiten: Mittwoch: 18.30 – 00.00 Uhr
Donnerstag - Samstag: 12.00 – 14.00 Uhr und 18.30 – 00.00 Uhr
Sonntag - Dienstag: Ruhetag
Website: www.komu-restaurant.de/

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