
Jellyfish, Hamburg
Am 17. April 2021 in Deutschland | 2815 Aufrufe | 3 Kommentare
Das „Jellyfish“ im Hamburger Schanzenviertel hat eine ziemlich wechselhafte und teilweise auch leidvolle Geschichte. Als Restaurant mit Schwerpunkt auf Fisch- und Krustentiergerichten hat es sich zunächst unter dem auch fernsehbekannten Nils Egtermeyer und danach unter Stefan Barnhusen einen ausgezeichneten Namen gemacht und auch einen Michelin-Stern erarbeitet. Nach mehreren Vandalismus-Schäden hat Barnhusen dann aber das Handtuch geschmissen und das „Jellyfish“ entnervt geschlossen.
Mit diesem Hintergrund und dann auch noch im Corona-Jahr wieder zu öffnen, mag mancher als leichtsinnig betrachten. Stefan Fäth, bisher Sous-Chef, ist das Risiko aber eingegangen und hat in der kurzen Zeit der regulären Öffnung auch gleich den Anspruch demonstriert, an die guten Küchenleistungen anzuknüpfen.
Mit dem Mut ausgestattet, hat man sich auch auf die erneute Lockdown-Zeit schnell mit einem umfangreichen Take Away-Angebot eingestellt und gleichzeitig dafür auch einen Lieferdienst mit aufgebaut.
Ergänzt wird das Angebot durch ein Wochenendmenü in drei Gängen zu 49 Euro, wobei beim Hauptgang bei weitgehend identischen Beilagen zwischen einer Fisch- Fleisch- und vegetarischen Version gewählt werden kann. Wir sind mit Fisch und Fleisch dabei.

Mittlerweile habe ich ja ein großes Vergnügen daran, auch Gerichte mit vielen Komponenten in einer Art auf den Teller zu bringen, dass es der Idee des Kochs einigermaßen gerecht wird. Stefan Fäth ist da in seiner Anleitung recht präzise und am besten lässt sich das bereits bei der Vorspeise zeigen.
Das Thunfisch Tataki wird mit Furikake bestreut, einer japanischen Gewürzmischung auf Basis von geröstetem Sesam, die in diesem Fall gleichzeitig auch Knusper beisteuert. Yuzugel, milde Jalapenocreme, karamellisierte und zu feinen Röllchen geformte Rettichscheiben komplettieren zusammen mit Portulak das abwechslungsreiche Arrangement. Perfekt wird das Gericht allerdings vor allem durch die ausgezeichnete Umami-Vinaigrette, die ihren Namen auch voll verdient. Hier kommen Fülle und Säure in einem ganz ausgewogenen Verhältnis zusammen, das den Fisch wunderbar umspielt.

Das Roastbeef für den Hauptgang ist bereits vorgegart und wird zunächst mit der Platte für die Zitronengraskruste bei lediglich 60 Grad im Ofen erwärmt und anschließend unter dem Grill gratiniert.
Die übrigen Zutaten, das Karottenpüree als Unterlage für das Fleisch, die Miso-Passionsfrucht-Hollandaise und der Brokkoli werden entweder kurz angebraten oder im Wasserbad erhitzt. Dass eine Hollandaise auf diese Weise nicht den luftig, schaumigen Charakter haben kann wie eine frisch aufgeschlagene, ist zu verschmerzen, denn der Geschmack ist trotzdem originell mit feiner Fruchtnote. Die kalten Kohlrabi-Ravioli sind mit fein geraspelter, angemachter Karotte gefüllt und damit eine schöne Ergänzung zum Püree. Gleichzeitig bekommt der Gang damit noch etwas Frische.
Zum perfekt gegarten Fleisch gibt es zusätzlich eine wunderbar konzentrierte Vadouvan-Jus.

Bis auf die Jus sind die Beilagen zu den Jakobsmuscheln identisch und ebenso stimmig. Allerdings gibt es hier noch gepufften Wildreis, der nicht nur Crunch liefert, sondern sich auch geschmacklich gut zu den Muscheln macht.
Beide Hauptgänge können auf ganzer Linie überzeugen. Sie sind abwechslungsreich und clever konzipiert, denn sie funktionieren trotz fast identischer Beilagen sowohl in der Fisch- wie auch Fleischversion. Dazu sind sie schlichtweg lecker.

Cheesecake-Creme entpuppt sich in den Take Away-Menüs, die wir bisher ausprobiert haben, immer häufiger als Allzweckwaffe. Offenbar trifft das einfach einen sehr massenkompatiblen Geschmack und gleichzeitig lässt sie sich wohl auch recht vielfältig einsetzen. Bei Stefan Fäth bekommen wir es mit einer sehr eleganten Variante zu tun. Hier ist die Creme mit Yuzu aromatisiert und zu einer luftig lockeren Mousse verarbeitet. Gleichzeitig weist die attraktive Form aber auch eine stabile Hülle auf, die selbst den längeren Transport unbeschadet übersteht.
Für das Blaubeersorbet gilt dies leider nicht. Trotz Thermotasche lösen sich die Nocken auf dem Heimweg wieder in ihren flüssigen Aggregatzustand auf, aber das war zum einen zu erwarten, wenn es halt nicht nur in den benachbarten Stadtteil geht, und zum anderen lässt es sich einigermaßen reparieren durch erneutes Einfrieren und Durchmixen.
Die Kombination, komplettiert durch Blaubeergel, Butterbrösel und Tonkabohnenbiskuit macht auf jeden Fall viel Spaß und hält das hohe Niveau der bisherigen Gänge mühelos.

Das „Jellyfish“ ist im aktuellen Gault Millau mit 16 Punkten ausgezeichnet. Damit gehört es nach Einschätzung des Guides zu den zehn besten Restaurants der Hansestadt. Auch wenn dieses Dreigang-Take Away-Menü lediglich eine Art Stichprobe sein kann, bestätigt sie doch bereits das hohe Niveau. Und ist erneut ein gutes Beispiel gelungener Werbung für einen Besuch nach dem Lockdown.
Details
Restaurant: | Jellyfish |
Adresse: | Weidenallee 12, 20357 Hamburg |
Öffnungszeiten: | Take Away: Mittwoch - Sonntag: 11.30 - 21.00 Uhr Wochenendmenü: Samstag + Sonntag: 14.00 - 18.00 Uhr |
Website: | www.jellyfish-restaurant.de |
Schlagworte
Gault Millau, Hamburg, Jellyfish, kreativ, Seafood, Stefan Fäth, Take Away
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Vor Herrn Barnhusen hatte Laurin Kux einen Stern für das Jellyfish erkocht. Ist dann aber – der niedrigeren Mietpreise wegen, so jedenfalls die offizielle Begründung – nach Münster gezogen. Aber im Ferment hat das ja auch wieder geklappt.
Schöne step-by-step-Bebilderung bei der Vorspeise!
Für Hamburg kommt es für mich auf die Liste: Besuchen.
Wer bei Corona gut liefert, wird es vor Ort kaum schlechter machen.
Danke für die köstlichen Bilder
Scheint ein guter Ort für den Beginn einer Sternekarriere zu sein, wie ich gerade in Roxel feststellen konnte. 🙂