Landhaus Bacher, Mautern
Am 10. August 2014 in Österreich | 4196 Aufrufe
Das „Landhaus Bacher“ ist in Österreich eine Institution. Lisl Wagner-Bacher, sozusagen die Grande Dame der österreichischen Hochküche und bereits in den 80er Jahren als Köchin des Jahres ausgezeichnet, hat das schmucke Haus in der Wachau in die Spitze der nationalen Liga geführt. Seit den 90er Jahren vergibt der Gault Millau 18 Punkte und daran hat sich auch nichts geändert, seit vor einigen Jahren Thomas Dorfer die Regie in der Küche übernommen hat. Aus dem Schatten der Schwiegermutter ist er längst herausgetreten und überzeugt mit einem eigenen Stil, der deutlich modernisiert wirkt. Im 2011 erschienenen Kochbuch kann man die Transformation gut erkennen. Sind Lisl Wagner-Bachers Rezepte sehr geradlinig und kommen ohne viel Schnick-Schnack aus, selten dafür aber ohne Butter oder Sahne, sind Dorfers Kreationen hochkomplex, deutlich schlanker in der Wirkung – und leider für Laien kaum nachkochbar. Ich mache es mir einfach: Ihre Rezepte koche ich gerne, seine esse ich vor Ort.
Wer einen Eindruck von Thomas Dorfers Ideenreichtum bekommen möchte, dem sei seine Interpretation des Tafelspitz auf folgendem großartig gemachten Video zu empfehlen: http://vimeo.com/44466295
Mit derlei feinsinnigen Gerichten hat es das „Bacher“ geschafft, zum einen Gäste, die das Neue und Zeitgemäße suchen, zu gewinnen und das Stammpublikum von einst mitzunehmen. Das Haus ist abends nahezu immer voll und auch mittags, zumal am Wochenende, ist es schwer einen Tisch zu bekommen. Bei den aufgerufenen Preisen – und speziell über die der Weinkarte legen wir lieber schnell den Mantel des Vergessens – dürfte der ein oder andere Gastronom sicher neidisch sein auf den Erfolg.
Aber wir sind nicht zum Jammern hier, sondern um gut zu essen. Und das kann man durchgehend. Die Stekovics Paradeiser als Amuse haben bereits Tradition, aber sie sind auch immer wieder ein großartiger Genuss, der einen lehrt, wie gut Tomaten schmecken können. Mit Basilikum-Schnee, etwas (Schafskäse?) Creme und einer feinen Säure ein perfekt erfrischender Auftakt an einem warmen Sommertag wie diesem.
Und es geht so frisch weiter. Die Ceviche vom Saibling, mariniert in Limonensaft, Verjus, Chili und Ingwer, ist in Kombination mit Radieschen, knusprigem Sauerteigkrokant, Petersiliencreme ein Gericht zum Hin- und Herspielen. Mal überwiegt eine leichte Schärfe, dann der Zitruston, dann geben Kürbiskerne und das Kernöl eine gewisse Erdigkeit. Eine ganz und gar wunderbare Vorspeise!
Morgens konnten wir der Lieferung von Steinpilzen beiwohnen. Abends standen sie auf der Karte. Im Menü gemeinsam mit Seezunge, Mais und Salz-Zwetschken. Hier brauchte es keiner großen Spielereien. Der Mais sorgte als Creme und leicht geröstet für Süße, die übrigen Zutaten fügten sich harmonisch und süffig ein.
Ganz fabelhaft und wieder mal ein Beweis, dass mittlerweile die vegetarischen Gänge oft die spannendsten sein können, dann das nächste Gericht: Sommerkürbis & geschmorte Wassermelone. Ähnlich der Vorspeise wurden hier wieder alle Geschmäcker bedient. Ein wunderbar würziger Fond und Schärfe durch Pfefferonis wurden durch eine Ricottacreme abgefedert. Kürbis und Melone gaben Frische und Säure. Einfach nur lecker.
Statt des Rückens vom Rehbock aus dem eigentlichen Menü, der überwiegend klassisch begleitet war von Pfifferlingen, Nussbröseln, Speck, Feigen und Chicoree wählte ich aus dem Landhaus-Menü den gebratenen Junghahn und war sehr zufrieden. Der Grundton war durch gegrillte Melone, Paprika und Buddhas Hand Zitrone erneut auf der eher leichten und säuerlichen Seite, wozu auch die tolle Topfentarte hervorragend passte.
Sauerrahmeis und Waldheidelbeeren stimmten auf das eigentliche Dessert ein, bei dem ich erneut aus dem Landhaus-Menü wählte, weil mir nicht so sehr nach Marillen war. Im übrigen hat mich auch das Hefeeis dazu nicht überzeugt und insgesamt war mir die Süße zu vorherrschend.
Gut, meine Kombination aus Schokolade, Himbeeren, Amarula-Creme stand dem nicht viel nach. Aber vor allem durch die gerösteten Malzstreusel und den großartigen Schokoladenteig, der teilweise auch knusprig war, kam es mir nicht so vor. Himbeeren lassen mich sowieso alles leichter und schön reden. Aber in Summe war es auf jeden Fall ein sehr harmonisches Gericht und ein gutes Beispiel dafür, wie eine klassische Kombination sehr zeitgemäß präsentiert werden kann.
Mit einigen sehr guten Petits Fours klingt ein tolles Menü aus.
Hat man das Glück, so wie wir an diesem Abend, es im wunderbaren Garten einzunehmen, kann es genau in dem Moment keinen besseren Ort geben. Und zufriedener kann man wohl auch kaum sein.
Details
Restaurant: | Landhaus Bacher |
Adresse: | Südtiroler Platz 2, 3512 Mautern an der Donau |
Öffnungszeiten: | Mittwoch - Samstag 12:00 - 14:00 und 18:30 - 21:00 Sonntag 11:30 - 20:00 Montag + Dienstag Ruhetage |
Website: | www.landhaus-bacher.at/ |
Schlagworte
Falstaff, Fine Dining, Gourmet, kreativ, Landhaus Bacher, Mautern, moderne Klassik, Thomas Dorfer
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