Mraz + Sohn, Wien
Am 6. November 2015 in Österreich | 2721 Aufrufe
Im vergangenen Jahr war das Mraz + Sohn in Wien eine meiner angenehmsten Überraschungen und Entdeckungen. Nachdem sich bei unseren zahlreichen Besuchen im Steirereck eine gewisse Ermüdung eingestellt hatte, war ich regelrecht begeistert von der Kreativität und Lockerheit, die uns hier begegnete.
Lässt sich so ein Erlebnis wiederholen? Häufig ist der zweite Besuch eines Restaurants schon ernüchternder, weil der große Aha- und Überraschungseffekt zwangsläufig ausbleiben muss. Um es vorwegzunehmen: Es war wieder ganz wunderbar!
Am Stil der Küche hat sich nicht viel verändert. Zwar kann der Gast mittlerweile nur noch die Anzahl der Gänge wählen und erfährt vorab, so er sich drauf einlässt, nicht viel. Aber Sonderwünsche und Abneigungen werden natürlich berücksichtigt und niemand muss Angst haben, hier auf ungeliebtes Eis geschoben zu werden. Es herrscht weiterhin ein ungebremster Spieltrieb und eine nahezu überbordende Kreativität bei vielen Zusammenstellungen, aber nicht bei einem einzigen Gericht könnte ich sagen, dass es nicht trotzdem funktioniert hätte.
Ein Wiener Beuschel, also eine Art Lungenragout und üblicherweise ein recht deftiges Gericht, das oft mit Semmelknödeln serviert wird, mit einem Carabinero zu kombinieren, ist mutig, aber gar nicht dumm. Durch die richtige Proportion der Komponenten wird so ein elegantes Gericht mit einem herzhaften Touch daraus. Kein Problem war es für die Küche übrigens, eine Innereien-freie Variante mit Kürbis zu improvisieren.
Ganz ausgezeichnet, obwohl relativ klassisch komponiert (oder gerade deswegen?), war der Karpfen, der zwar als Hecht auf der Karte stand, aber ich meine mich an annoncierten Karpfen zu erinnern, der von Zwiebeln (und hier vor allem einem hinreißenden Sud), Birnen und Topinambur sehr harmonisch eingefasst war. Dies war ein richtiges Herbst-Wohlfühlgericht! Im übrigen beginne ich Gefallen an Karpfen zu finden. In der Woche begegnete er uns bereits zum zweiten Mal und überraschte durch sehr schönes, festes und geschmackvolles Fleisch. Mehr und öfter davon!
Dass das Dessert große Ähnlichkeit zu dem aus dem Vorjahr aufwies, bei dem mit Soja und Topfen eine eher unscheinbare weiße Fläche kreiert wird, die erst unter der Oberfläche die ganze Geschmackbandbreite preisgibt, ist zu verschmerzen. Denn es schmeckte wiederum ausgezeichnet.
Auch am weiterhin opulenten Brot- und Käsewagen sowie der ausladenden Anzahl von Beilagen zum Käse hat sich nicht viel geändert. Das ist gleichermaßen gefährlich wie erfreulich.
Würde man das Mraz + Sohn nur nach seinem Wohlfühl- und Unterhaltungswert beurteilen müssen, wäre es bereits ganz weit vorne. Der Service macht seine Sache locker und entspannt, gleichwohl sehr kompetent und effizient in den Abläufen. Simon Schubert vermag auch dieses Mal wieder mit einer eigenständigen und hochwertigen Weinbegleitung zu überraschen. Die Stimmung im Restaurant ist ausgelassen, es wird viel mit dem Service gelacht oder über den ein oder anderen Wein gefachsimpelt. Alles im grünen Bereich also.
Da aber auch das Essen vom ersten bis zum letzten Gruß gefällt, macht das Mraz + Sohn so unglaublich charmant. Die Küche hier will nicht verstören. Ja, sie will überraschen und schafft das auch häufig. Aber in erster Linie will sie dem Gast Spaß machen. Was soll ich sagen? Wieder geschafft!
Details
Restaurant: | Mraz + Sohn |
Adresse: | Wallensteinstrasse 59, 1200 Wien |
Öffnungszeiten: | Mo - Fr1 9:00 - 00:00 Sa - So Ruhetage |
Website: | www.mraz-sohn.at |
Schlagworte
2 Michelin Stars, Casual Fine Dining, kreativ, Michelin, Mraz, Wien
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