PULS, Köln

Der Alter Markt in Köln ist nicht gerade bekannt für anspruchsvolle Gastronomie. Hier wird schnell und viel konsumiert. Am Rand zur Altstadt, zwischen Kneipen und Brauhäusern herrscht geschäftiges Treiben. Junggesellengruppen beiderlei Geschlechts finden hier ein dankbares Publikum. Überhaupt ist dies ein Platz, an dem mehr getrunken als gegessen wird.

Dass sich Daniel Gottschlich, Chef des „Ox & Klee“ und damit des mittlerweile einzigen Zweisterne-Restaurants nach der Schließung des „Le Moissonnier“ ausgerechnet diesen Ort ausgesucht hat, um ein zweites Restaurant zu führen, mag auf den ersten Blick verwundern. Andererseits ist die Location geschickt gewählt, denn das „Legend“-Hotel, in dem es untergebracht ist, geht zwar zum Alter Markt, hat aber einen Eingang in der etwas höher gelegenen Parallelstraße und dort befindet sich auch das „PULS“, also nah dran und doch abseits genug vom Trubel. Das Restaurant selbst ist relativ klein, fungiert auch als Bar, verfügt aber über eine Terrasse, so dass sich bei entsprechenden Temperaturen der komplette Raum öffnen lässt.

Die Küchenleitung hat Daniel Gottschlich Johannes Langenstück übertragen, der schon zu Zeiten des „Ox & Klee“ und als es noch einen Stern hatte, an seiner Seite gearbeitet hat.

Außenansicht
Außenansicht

Konzeptionell setzt Gottschlich komplett auf Sharing-Gerichte. Die können zwar auch als Einzelportion bestellt werden, aber die meisten Gäste ordern hier ohnehin eines der Menüs, mit denen man einen Querschnitt von Barsnacks, Vorspeisen, Hauptgerichten und Desserts probieren kann. Wir entscheiden uns für die Medium-Variante (99€ p.P.). Alternativ gäbe es noch die größere Variante (129€ p.P.) mit zusätzlichem Zwischengang.

Den Auftakt macht ein geröstetes Maisbrot, das mit Öl und Chili aromatisiert ist. Eine fettige und würzige Angelegenheit, die aber viel Geschmack liefert. Dazu gibt es einen Kräuter-Ricotta-Knoblauch-Dip mit geeistem Feta, der nicht zu kräftig ausfällt, was angesichts des schon sehr markanten Brotes sicher sinnvoll ist.

Maisbrot & Dip
Maisbrot & Dip

Es folgen drei erste kleine Gerichte, überwiegend als Fingerfood gedacht. Das Maggi-Ei ist ein Klassiker aus dem „Ox & Klee“, den es schon so lange gibt, wie das Restaurant selbst. Und tatsächlich hat es bis heute nichts von seinem Reiz verloren, denn der Akkord von luftiger Eigelbcreme, deutlichem Liebstöckelsud und kleinen Croûtons funktioniert nach wie vor in seiner feinen, differenzierten Ausarbeitung sehr gut.

Maggi-Ei | Liebstöckelsud | Bio Eigelb-Creme | Graubrot Croûtons
Maggi-Ei | Liebstöckelsud | Bio Eigelb-Creme | Graubrot Croûtons

Aromatisch deutlich direkter gerät der Arancino, also das frittierte Reisbällchen, das mit Manchego-Käse gefüllt ist und zudem mit einer Creme von Kalamata-Oliven einen weiteren kräftigen Mitspieler bekommt. Aber wie so oft kann man sich dem Charme von Frittiertem, zumal wenn mit so guten Zutaten, nur schwerlich entziehen.

Arancini „PVLS Edition“ | Kalamata Olive | Manchego Käse
Arancini „PVLS Edition“ | Kalamata Olive | Manchego Käse

Dass das Tatar vom Rind recht mild gewürzt daherkommt, ist angesichts der übrigen Snacks als Kontrast gut gewählt. Dabei ist es mit Kopfsalat, einer üppigen Sherry-Mayo und etwas eingelegter Melone durchaus nicht langweilig eingefasst.

Diese ersten drei Snacks begleiten unsere Cocktails jedenfalls ganz ausgezeichnet.

Tatar vom Deutschem Dry Aged Beef | Sherry Mayo | Kopfsalat | Eingelegte Melone | Pecorino
Tatar vom Deutschem Dry Aged Beef | Sherry Mayo | Kopfsalat | Eingelegte Melone | Pecorino

In zügiger Taktung geht es mit den folgenden zwei Gerichten weiter. Die Burrata mit Bittersalaten ist fruchtig-säuerlich eingefasst. Pistazien und nicht klar definierbarer Kaviar, eventuell auf Soja-Basis, liefern schöne zusätzliche Akzente. Mittig ist eine Radicchiokugel zudem cremig gefüllt. Ein abwechslungsreicher Teller.

Burrata | Bittersalate | Granny Smith
Burrata | Bittersalate | Granny Smith

Der zweite Teller kommt vollständig vegan mit einer aromatischen Creme von weißen Bohnen und Kichererbsen, vergleichbar mit Hummus. Dazu gibt es einen üppigen und gut angemachten Salat sowie eine schöne Auswahl von Tomaten, Artischocken, getrocknete Rote Bete-Scheiben und Graupen, die zusätzlichen Biss liefern. Das ist überraschend würzig abgeschmeckt und hat im direkten Vergleich zum Burrata-Gericht bei mir die Nase vorn.

PVLS Fabata | Creme von Weißen Bohnen | Bunte Tomate | Artischocke
PVLS Fabata | Creme von Weißen Bohnen | Bunte Tomate | Artischocke

Während wir noch mit diesen beiden Vorspeisen beschäftigt sind, folgt bereits der erste warme Gang. Jetzt fange ich an, mich etwas gestresst zu fühlen, denn eigentlich möchte ich die angefangenen Gerichte erst zu Ende essen, bevor ich mich dem nächsten widme. Andererseits will ich aber auch nicht, dass der servierte Pulpo kalt wird. Also schieben wir den jetzt dazwischen. Und der ist wirklich gut. Der Oktopus ist zart, aber von allen Seiten gut geröstet und liefert die kräftigsten Akzente zu der Kartoffel-Safran-Creme, den Tomatenwürfeln und dem eher neutralen Chicoree.

In Olivenöl gebratener Pulpo | Safran-Kartoffelcreme | geschmorter Chicorée
In Olivenöl gebratener Pulpo | Safran-Kartoffelcreme | geschmorter Chicorée

Zum Glück wird die Taktung jetzt etwas entspannter und erst, als wir diese Gänge beendet haben, kommt nach einer kleinen Pause mit dem Saibling der „Catch of the Day“.

Der ist gut gegart, mit leicht knuspriger Haut. Der Räucheraalsud ist sehr intensiv und hart an der Salzgrenze, aber eben auch sehr köstlich. Dazu gibt es eine Erbsencreme, meiner Ansicht nach mit Minze aromatisiert und geflämmten Lauch. Als Fan von Räucheraromen ist dies eine sichere Bank für mich und gefällt mir sehr gut.

Saibling | Räucheraal-Garum | geflämmter Lauch
Saibling | Räucheraal-Garum | geflämmter Lauch

Im Fleischgang gibt es Hanging Tender vom US Beef, also Onglet, das ganz hervorragend und auf den Punkt gerät. Ich nehme an, dass es gegrillt wurde. Um der guten und aromatischen Qualität nicht die Schau zu stehlen, beschränkt sich Langenstück klugerweise hier nur auf etwas Püree und eine ausgezeichnete Trüffeljus.

Dafür gibt es separat aus der Beilagenauswahl gebratene Kopfsalatherzen mit frittierten Kartoffelstreifen und ausgebackenen Kapern, was für reichlich Textur sorgt. Ein durchaus herzhafter Side-Dish.

Jetzt nach den Hauptgängen werden wir nach einer Pause gefragt, die wir gerne annehmen. Zwar wurden die Fisch und Fleischgerichte nicht mehr nahtlos hintereinander weg serviert, aber bevor es zum süßen Teil geht, tut es gut, etwas durchzuschnaufen.

Nach angemessener Pause, signalisieren wir, dass wir bereit sind für die Desserts.

Es folgt ein mit gebrannter weißer Schokolade gefüllter Éclair, wobei die Creme auch oben aufdressiert wurde. Die kleinen Apfelsegmente dienen mehr als Deko, als dass sie wirklich merkliche fruchtige Akzente beisteuern. Dafür liefern die gebrannten Erdnüsse einen feinen salzigen Touch. Insgesamt ein schöner, handwerklich sauber gemachter, Klassiker.

Éclair mit Malzkruste | Valrhona Dulcey | Granny Smith | Erdnuss
Éclair mit Malzkruste | Valrhona Dulcey | Granny Smith | Erdnuss

Auch das Erdbeersorbet auf einer Nougatmousse und Biskuitboden kann überzeugen. Beides ist gut gearbeitet und geschmacklich, auch mit dem knusprigen Granola als Beilage, sehr schön gelungen.

Sorbet von der Erdbeere | Valrhona Nougat Mousse | Granola | Baiser
Sorbet von der Erdbeere | Valrhona Nougat Mousse | Granola | Baiser

Den finalen Schlusspunkt setzt dann die nach dem Hotel benannte Praline mit Pistazie und Honig, die uns ebenfalls gut gefällt.

Legend Praline | Pistazie | Honig
Legend Praline | Pistazie | Honig

Die Wahl für das kleinere Überraschungs-Menü war für uns an diesem Abend genau richtig. Nicht nur angesichts der sommerlichen Temperaturen war es auch vom Umfang her mehr als ausreichend und bot in der Tat einen schönen repräsentativen Querschnitt durch das Programm. Gerade für Erstbesucher wie uns, ist es eine gute Möglichkeit, das Konzept zu erfassen. Und das kann in der Tat überzeugen mit Gerichten, die durchaus kreativ angelegt sind, aber immer einen süffigen Grundcharakter haben. Dass die Zutaten hochwertig sind, ist angesichts des Anspruchs, für den Daniel Gottschlich steht, eigentlich selbstverständlich. Mit Johannes Langenstück hat er einen Küchenchef, der das auch handwerklich angemessen umsetzt.

Die Taktung war uns persönlich am Anfang etwas arg zügig. Da man hier die Plätze in zwei Seatings vergibt, kann ich das zwar für die erste Sitzung noch nachvollziehen, wenn man zu einer bestimmten Zeit die Tische wieder verfügbar haben muss. Wir waren in der zweiten Sitzung vor Ort und da hätte es für mich auch von Beginn an etwas entspannter zugehen können.  Aber das ist auch das Einzige, das ich bemängeln könnte. Der Service ist aufmerksam und freundlich, die Atmosphäre relaxed und genussfreudig. Hier kann man auch nur mal für ein paar Snacks oder einzelne Gerichte und ein paar Getränke herkommen und wird auch seinen Spaß haben.

Da das „PULS“ für uns in Fußweite liegt, ist das für die Zukunft ganz und gar nicht ausgeschlossen.

Details

Restaurant: PULS Restaurant & Bar
Adresse: Bürgerstrasse 2, 50667 Köln
Öffnungszeiten: Dienstag - Samstag : 17:30 - 01:00 Uhr (Küche bis 22:30 Uhr)
Sonntag & Montag: Ruhetag
Website: www.legendhotel.de/kulinarik-pvls/restaurant-bar.html

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Kommentare

  1. Carsten am 24. Juli, 2023 um 17:11 Uhr.

    Der Saiblingsteller, her damit!

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