Rüpel, Hannover

Mittlerweile hat sich rumgesprochen, dass Hannover gastronomisch wieder eine Menge zu bieten hat. Auch neben den Sternerestaurants tut sich einiges in Punkto Kreativität. Neben arrivierten Anlaufstellen wie dem „Titus“ oder dem „Basil“ hat sich eine neue Generation aufgemacht, Gäste mit frischen Konzepten und Anspruch anzuziehen. Dazu gehört auch das „Rüpel“, eines der vielleicht ungewöhnlichsten Restaurants der Stadt.

Wir haben uns schon eine Weile vorgenommen, hier mal zu reservieren, zumal es in unserem Stadtteil ist, den wir, wenn diese Besprechung erscheinen wird, nach mehr als 30 Jahren in Richtung Rhein verlassen haben werden. Aber besser spät besucht als nie.

Der etwas freche Name rührt natürlich von einem Spitznamen her, den der Koch und Inhaber Lennart Röbbel als Kind erfuhr. Dass hier durchaus mit einem gewissen Anspruch gekocht wird, belegt die Tatsache, dass er unter anderem eine Zeitlang in der „Ole Deele“ in Burgwedel gearbeitet hat, seinerzeit unter Tony Hohlfeld (damals ein Stern, mittlerweile zwei Sterne in seinem eigenen Restaurant „Jante“).

Das Konzept ist einfach: an drei Tagen, von Donnerstag bis Samstag wird in zwei Sitzungen ein veganes Menü zu 69 Euro serviert, Wasser inklusive. Die Gerichte sind überwiegend zum Teilen gedacht.

Das Ambiente ist schlicht, etwas nordisch inspiriert. Vorne im Eingang eine Theke, an der Getränke, kalte Speisen, Brot und Kleinigkeiten angerichtet werden.

Wir haben Glück und bekommen einen der beiden Fensterplätze, der uns quasi ein dauerhaftes Unterhaltungsprogramm beschert, um dem Treiben an einem Freitagabend in diesem bunten Stadtteil beizuwohnen.

Zum Auftakt serviert Lennart Röbbel eine Auswahl diverser Brotsorten einer Demeter-Bäckerei. Ich muss zugeben, dass mir die helleren Sorten etwas besser gefallen und man sich generell mit der etwas kompakteren Konsistenz anfreunden muss.

Dazu gibt es sehr schönes, cremig seidiges Hummus mit schwarzem Sesam und Kräuteröl, ein paar gepickelte Gemüse sowie ganz ausgezeichnete Sonnenblumenkernbutter mit Misostaub.

Das Menü startet mit Rhabarber und Selleriekohl auf Kimchi-Art. Das ist gut spicy und wird gezügelt von gerösteten Haselnüssen und Salat. Meerrettich on top sorgt dann wieder für etwas Schärfe. Ein origineller und guter Auftakt.

Rhabarber / Selleriekohl / Chili / Hasenuss / Meerrettich
Rhabarber / Selleriekohl / Chili / Hasenuss / Meerrettich

Es folgt eine Suppe, die jeder für sich bekommt und die in veganer Ausführung an eine Hummerbisque angelehnt ist. Das versucht die Küche vor allem mit Kombualge zu erreichen. Auch die Quinoa-Nocke ist ebenfalls mit Alge aromatisiert, um den Meeresgeschmack aufzunehmen. Am Boden liegt schön knackiger Mangold und Staudensellerie. In Summe ist das sehr würzig, angenehm spicy und man hat auch viel zu kauen. Brauche ich die Assoziation zur Hummerbisque? Nicht wirklich, denn dies ist auch so eine mehr als gelungene Suppe.

Alge / Quinoa / Mangold / Dill
Alge / Quinoa / Mangold / Dill

Rote Bete ist sowieso ein dankbares Gemüse in der vegetarischen und veganen Küche. Röbbel kombiniert sie als Tatar mit einer Liebstöckelcreme, Sand aus Mohn und Walnuss, Apfel für den knackig-fruchtigen Akzent und Schnittlauch. Die Bete kommt insgesamt sehr frisch und fernab von muffiger Erdigkeit. Aromatisch geht das einen Gang zurück, ist aber klug kombiniert und kreativ in Szene gesetzt.

Bete / Mohn / Walnuss / Schnittlauch / Apfel / Liebstöckel
Bete / Mohn / Walnuss / Schnittlauch / Apfel / Liebstöckel

Der folgende Teller vereint eigentlich alles, was der Frühling und Frühsommer zu bieten hat. Spargel, Erbsen, Morchel und Bärlauch verheißen großen Genuss. Der Spargel ist in Miso eingelegt und wurde dann gegrillt, was ihm einen schönen Biss verleiht. Die Erbse gibt es in Variation, die Morchel fällt etwas zu salzig und zu geschmacksarm aus. So bleibt ein abwechslungsreiches, wenn auch erstaunlicherweise eher unauffälliges Gericht.

Spargel / Erbse / Bärlauch / Morchel / Waldkräuter / Miso
Spargel / Erbse / Bärlauch / Morchel / Waldkräuter / Miso

Der abschließende herzhafte Gang stellt Shiitake in den Mittelpunkt und soll als Interpretation einer Stippgrütze dienen. Das liefert natürlich eine Menge Umami und ist wunderbar intensiv. Ergänzt wird das Gericht durch die Variation eines bayerischen Kartoffelsalats mit schön bissfesten, lauwarmen Kartoffeln, dazu Radieschen, Essiggurke und Cremigkeit durch mit Macis abgeschmeckte Creme. Gefällt mir in Summe sehr gut.

Shiitake / Kartoffel / Radieschen / Giersch / Macis
Shiitake / Kartoffel / Radieschen / Giersch / Macis

Das Dessert kombiniert Petersilie als Biskuit und als Staub mit Verjus als Sorbet und Curd. Gebrannte Mandeln sorgen für Crunch und einen nussigen Kontrast. Der Biskuit ist erstaunlich saftig und prägnant, aber nicht zu aufdringlich. Verjus sorgt für einen säuerlichen und frischen Touch. Das ist gut austariert, unkompliziert und lecker, aber nicht anspruchslos.

Petersilie / Verjus / Mandel
Petersilie / Verjus / Mandel

Ich gebe zu, dass vegane Küche nicht unsere erste Wahl ist. Zu gerne essen wir Fisch und Fleisch und auch Butter, Sahne und sämtliche sonstige Milchprodukte haben ihren Platz in unserem Speiseplan. Natürlich wissen wir und erleben es auch regelmäßig, dass vegane Gerichte auch in der Top-Sternegastronomie mittlerweile ihren festen Platz haben. Köche wie Andreas Krolik, Tim Raue, Ricky Saward und viele andere bieten mittlerweile nicht nur als Verlegenheitslösung, sondern völlig gleichberechtigt, Menüs auf Spitzenniveau an.

Diesen Sterne-Anspruch hat Lennart Röbbel vermutlich gar nicht und in einem Stadtteil wie Linden wäre das womöglich auch kaum umsetzbar. Aber ich war natürlich dennoch neugierig, was ein Koch mit seinem Background aus diesem Konzept macht. Und ich wurde nicht enttäuscht. Die Gerichte waren klug komponiert und haben viel Geschmack geliefert, so dass uns nichts fehlte. Vor allem die Suppe und der Rote Bete-Gang haben uns ausgezeichnet gefallen. Und da wir es gerne würzig und auch etwas scharf mögen, war auch der Rhabarber-Gang zu Beginn sehr erfreulich.

Der Service war sehr aufmerksam und auch wenn die Weinkarte noch sehr übersichtlich ist mit einigen Naturals, findet sich mit entsprechender Beratung auch etwas passendes für uns, die wir uns damit etwas schwer tun.

In jedem Fall war dies eine durchaus bereichernde Erfahrung und schöne Ergänzung in der hiesigen Gastrolandschaft mit erkennbarem Anspruch, aber dennoch leicht zugänglich und umkompliziert. Das richtige Restaurant am richtigen Ort sozusagen.

Gut, dass wir das kurz vor unserem Umzug doch noch erfahren konnte

Details

Restaurant: Rüpel
Adresse: Kötnerholzweg 30, 30451 Hannover
Öffnungszeiten: Donnerstag - Samstag: 18.00 - 20.00 Uhr & ab 20.15 Uhr
Sonntag - Mittwoch: Ruhetag
Website: www.ruepel.bar/

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Kommentare

  1. Carsten am 18. Juli, 2023 um 10:39 Uhr.

    Hey, so was feines, wenn ihr euch aufmacht, an den Rhein zu ziehen! Einfach ein schönes Menü!

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