Saziani Stub’n, Straden

Anna und Albert Neumeister haben einen guten Instinkt und eine gehörige Portion Wagemut. Anders ist es wohl nicht zu erklären, dass man 2012 dem seinerzeit 21 Jährigen Harald Irka, der bis dahin im Team der Saziani Stub’n gearbeitet hatte, die alleinige Küchenleitung anvertraute.
Hatte man anfangs noch den Anspruch, quasi eine Kopie des Noma-Konzeptes in der Südoststeiermark zu etablieren, war schnell klar, dass das bloße Nachkochen von Redzepi-Rezepten zu wenig sein würde.

Harald Irka entwickelte sehr schnell seine eigene Handschrift und die Erfolge ließen nicht lange auf sich warten – die Superlative ebenso wenig. Aktuell gilt er als jüngster Koch, der im Gault Millau drei Hauben und 18 Punkte hält.

Nach 2014 und 2016 sind wir dieses Jahr zum dritten Mal in Straden und gespannt, wie sich seine Küche mittlerweile präsentiert.

Wie gewohnt empfängt Albert Neumeister seine Gäste zunächst zu einem Apéritif im Frühstücksbereich des Restaurants und Harald Irka präsentiert dazu die ersten Apéros. Darunter finden sich zum Beispiel Schlangengurke mit Makrele, Rettichröllchen mit Sonneblume und Minze, Feige mit Ziegenfrischkäse und weißer Spargel. Das sind allesamt feine Kleinigkeiten, die nicht zu dominant sind und eine nette Begleitung zum Sekt des hauseigenen Weingutes darstellen.

Apéros
Apéros

Bei Tisch folgt mit einem markanten, aber nicht zu pikanten Krustentiersüppchen noch ein weiterer Gruß, bevor ein 72h fermentiertes Roggensauerteigbrot nach Tradition nicht geschnitten, sondern gebrochen wird. Dazu gibt es Ziegentopfen, eingelegte Dirndl (bei uns: Kornelkirsche), Butter und hervorragender Speck.

Es gibt in den Saziani Stub’n auch weiterhin zwei siebengängige Menüs. Inhaltlich mache ich keine großen Unterschiede aus, wenngleich eines wohl eher die regionalen Zutaten aus der unmittelbaren Umgebung noch stärker betonen soll.
Wir bestellen kurzerhand beide Menüs, was für die Küche kein Problem darstellt.

Das Menü „Süd / Ost“ startet frisch mit gefüllten, dünnen Kohlrabischeiben. in denen vor allem Karotte auszumachen ist.

Kohlrabi, Topaz Apfel, Karotte und Koriander
Kohlrabi, Topaz Apfel, Karotte und Koriander

Mit einem deutlich erdigeren Ton startet das Menü „Hier / Jetzt“, bei dem grüner Spargel die Hauptrolle spielt. Zusammen mit einem Sonnenblumenkernrisotto, in das Erbsen, Ribiselpulver und eine Brennesselcreme gearbeitet sind, ergibt sich ein warmer und harmonischer Geschmack, bei dem mich nur die etwas dominante Minze stört.

Grünspargel, junge Erbsen, schwarze Ribisel und Minze
Grünspargel, junge Erbsen, schwarze Ribisel und Minze

Ein echter Hingucker ist der folgende Gang, bei dem Forelle wie eine Ceviche in Orangen- und Zitronensaft gebeizt und mit einer Sonnenblumenemulsion und jungem Lauch kombiniert wird. Als knuspriges Element werden aus Brandteig kleine Blätter gebacken, die durch Orangensaft eine fruchtige und durch Szechuan-Pfeffer eine pikante Note bekommen. Das verbindet sehr gekonnt Exotik und Regionalität und ist doch in sich total eigenständig. Köstlich im übrigen auch.

Forelle mit Orangenblüte, Sonnenblume und Rahm
Forelle mit Orangenblüte, Sonnenblume und Rahm

Bei mir geht es mit einer Kombination weiter, die sich recht ungewöhnlich ausnimmt. Vom Vorjahr eingelegte Kirschen und eingesalzene Kirschblüten, die dem Ganzen eine Amarenanote geben, werden mit Liebstöckel und Mandeln in dünn aufgeschnittene Spargelpäckchen gefüllt. Das monochrome Weißbild ergänzt eine Sauce aus mit Mandelöl aufgemixter Mandelmich. Der Spargel tritt hier doch sehr in den Hintergrund und die Kirschen schieben das Gericht für meinen Geschmack etwas zu sehr ins Süße. Das ist nicht schlecht, kann mich aber nicht recht überzeugen.

Weißer Spargel mit Schwarzkirschen, Liebstöckel und Mandeln
Weißer Spargel mit Schwarzkirschen, Liebstöckel und Mandeln

Im nächsten Gang gibt es zum einen Wolfsbarsch mit Spitzkohl, wobei Lauchasche eine ganz besondere Rauchnote beisteuert. Meyerzitrone sorgt für frische Säureakzente. Sehr gut.

Fonda Branzino, Spitzkraut, fermentierte Meyerzitrone und Porree
Fonda Branzino, Spitzkraut, fermentierte Meyerzitrone und Porree

Für mich geht es mit einem Gericht weiter, das eine Remineszenz an Markus Mraz, den Koch des Jahres, darstellt. Auch in der verspielten Schreibweise nimmt Irka das Thema Kaviar und Stör von Mraz auf, variiert es aber auf seine eigene Weise. Der Stör ist kombiniert mit einer reduzierten Buttermilchsauce. Die Rolle des Kaviars übernehmen Belugalinsen, die separat mit einer Makrelencreme serviert werden. Vor allem dieses kleine Schälchen hat es mir mit seiner Süffigkeit angetan. Das schmeckt einfach toll.

Kaviar Stör(t) mich nicht (Inspiriert vom Koch des Jahres 2018 Markus Mraz) mit Winterfrüchten, Buttermilch und Belugalinsen
Kaviar Stör(t) mich nicht (Inspiriert vom Koch des Jahres 2018 Markus Mraz) mit Winterfrüchten, Buttermilch und Belugalinsen

Zu einem Klassiker des Hauses hat sich der folgende Gang entwickelt. Pochiertes Ei, bei dem das Eigelb weich, aber nicht mehr flüssig ist, knuspriges Getreide sowie Hühnerhaut, die sich in flüssiger Form im Sud wiederfindet sowie ein Schaum vom grünen Spargel ergeben Comfort Food vom Feinsten.

Das Huhn, sein Futter und das Ei - Bio Ei mit knusprigem Getreide und flüssiger Hühnerhaut
Das Huhn, sein Futter und das Ei - Bio Ei mit knusprigem Getreide und flüssiger Hühnerhaut

Sehr fein gestaltet sich der konfierte Saibling mit Kerbelwurzelcreme, Spitzpaprika und roter Zwiebel. Die Pilzsauce dazu ist etwas dezent, fügt sich mit ihrer Cremigkeit aber schön in das Gesamtbild.

Saibling, Kerbelwurzel, Spitzpaprika und rote Zwiebel
Saibling, Kerbelwurzel, Spitzpaprika und rote Zwiebel

Die Hauptgänge werden in den Saziani Stub’n in zwei Gängen serviert. Im ersten Teil der Ente gibt es einen Germknödel, der mit dem Keulenfleisch gefüllt ist, in Orangensauce mit einem Sepiachip. Geschmacklich passt das sehr gut zusammen, allerdings ist der Germknödel insgesamt etwas zu massig.

Recht klassisch und sehr gut präsentiert sich die gegrillte Brust mit Topinambur, Chicoree und Orangenzesten, erneut mit einer Orangensauce. Irgendwie ist es fast beruhigend zu sehen, dass Harald Irka auch dieses Repertoire beherrscht.

Für das Reh gibt es im ersten Aufzug ein Ragout vom Filet mit Buchweizen und Rote Bete. Das ist harmonisch und rundum gschmackig.

Vor dem eigentlichen Hauptteller serviert die Küche noch eine Rehconsommee, sinnigerweise aus einer „Jägermeister“-Flasche.

Der Rehrücken selbst kommt sehr puristisch, nur in Ribiselblättern gegart, die Sauce dazu ist leicht pfeffrig. Mir gefällt diese sehr minimalistische Präsentation, denn im Gesamtkontext wird das Reh hier in sogar drei Teilen auf sehr abwechslungsreiche Weise durchdekliniert.

Das erste Dessert meines Mannes ist ein Zitronenparfait mit Fenchelsalat und Zitroneneis, gefolgt von Topinambur, geröstet als Eis, Sanddorn, Hafer und einer nicht sehr präsenten Schokolade. Teilweise kommen grobe Kerne mit ins Spiel und irgendwie wirkt das alles etwas arg – nun ja – gesund. War das Zitronenparfait noch in Ordnung, ist das letzte Dessert der einzige Durchhänger für uns.

Viel besser gefallen mir meine Desserts, die mit eingekochtem Rhabarber, Erdmandelbiskuit und Heumilcheis beginnen. Das ist unkompliziert, frisch und einfach lecker.
Was auch für meinen letzten Gang gilt, der Mispeleis, Marzipansauce und Brioche als eine Art Engelshaar kombiniert.

Auf eine ausufernde Petits Fours-Parade verzichtet man in den Saziani Stub’n. Statt dessen gibt es traditionell ein Praliné mit Tonkabohne und Hafer.

Petit Four
Petit Four

Den finalen Abschluss bildet ein Dessert-Klassiker von Harald Irka zum Teilen, der noch einmal die gesamte Region wunderbar und originell zusammenführt. Milch in diversen Zuständen, Apfel, Käferbohnencreme und eine Karamellsauce, in die Meerrettich eingearbeitet ist, ergeben eine überraschend harmonische und überraschend gute Kombination.

Milch, Käferbohne, Apfel, Kren
Milch, Käferbohne, Apfel, Kren

Lisa Gasser schmeißt den Service, zu Beginn noch gemeinsam mit Albert Neumeister, später alleine, auf erfrischend herzliche Art, fachkundig und immer zu einem Smalltalk aufgelegt, wenn nötig. Die Gerichte werden von den Köchen und Köchinnen serviert, denen man den Stolz und Spaß deutlich anmerkt. Hier ist wirklich viel Engagement spürbar.

Harald Irka hat einen Stil entwickelt, der einen ganz klaren Fokus in der steirischen Region hat. Aber behutsam lässt er auch Einflüsse von weiter her einfließen, jedoch nie so vordergründig, dass man nicht immer noch eindeutig die Steiermark auf dem Teller erkennen würde. Die Gerichte sind in der Herstellung oft sehr komplex, vermitteln sich dem Gast aber immer auf sehr einfache und leicht zugängliche Weise. Süffig und harmonisch sind die Adjektive, die mir hier am häufigsten in den Sinn kommen.

Auch, dass Fisch und Fleisch hier eine eher untergeordnete Rolle spielen, passt in das Gesamtbild einer modernen, kreativen und regional verwurzelten Küche. Dieser sehr eigenständige Stil ist faszinierend und hat uns auch dieses Mal wieder vollends überzeugt.

Interieur
Interieur

Wer im Saziani übernachtet, hat seit kurzem auch das Vergnügen, ein serviertes Frühstück der Extraklasse zu bekommen. Überzeugte in der Vergangenheit das kleine, aber feine Buffet bereits mit hervorragenden Produkten, werden diese jetzt ergänzt durch kleine Gerichte aus der Hauben-Küche. Dringend zu empfehlen!

Ein einziges Problem gibt es, um in den Genuss dieser fabelhaften Küche zu kommen. Es ist halt recht weit weg, fast an der slowenischen Grenze. Wer allerdings schon einmal die faszinierende Schönheit der Südsteiermark und der Südost-Steiermark erlebt hat, versteht, warum das eigentlich auch wieder kein Problem ist.

Details

Restaurant: Saziani Stub'n
Adresse: Saziani Weg 42, 8345 Straden
Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag abends
Samstag mittags
Freitag Mittag auf Anfrage
Sonntag + Montag Ruhetag
Website: www.neumeister.cc

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Kommentare

  1. Gero Kettler am 14. Juli, 2018 um 13:05 Uhr.

    Überzeugender geht regional wirklich nicht.

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