Schloss Niederweis, Niederweis

Manche Empfehlungen für Restaurants sind so mundwässernd beschrieben und bebildert, dass sie bei mir zu Spontanbuchungen führen. Erst recht, wenn es sich um Tipps handelt, die nicht allerorten rauf und runter gehandelt werden. Und wenn sie dann auch noch von Dreisterne-Köchen kommen, kann eigentlich schon nichts mehr schief gehen. So geschehen kürzlich mit einem Post der „Sternefresser“, die auf Empfehlung von Clemens Rambichler, Chef im „Waldhotel Sonnora“, im gar nicht weit entfernten „Schloss Niederweis“ einen offenbar genussreichen Abend verbrachten.

Außenansicht

Gesehen und gebucht. „Schloss Niederweis“ ist zwar als Hochzeitslocation beliebt, aber Zimmer bietet es leider nicht. Also in Bitburg, der nächstgelegenen größeren Stadt fündig geworden.

Bis hierhin hat alles gut funktioniert und doch hätte der Besuch zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt stattfinden können. Drei Tage vorher wird die Region, wie weite Teile Nordrhein-Westfalens und Rheinland-Pfalz, von der größten Hochwasserkatastrophe seit Menschengedenken heimgesucht. Auch der Bitburg-Prüm-Kreis ist betroffen und abgesehen von der Frage, ob unser Ziel überhaupt erreichbar ist, ist das Letzte, das wir wollen, uns unnötig in ein Krisengebiet zu begeben oder gar als Katastrophentouristen zu gelten.

Einige Anrufe am Tag vor dem geplanten Besuch bringen jedoch Entwarnung. Weder das Restaurant noch Bitburg sind betroffen, auch die Zufahrtsstraße ist problemlos passierbar und so sitzen wir am Freitag Abend dann doch noch am Tisch des sich über zwei Etagen erstreckenden Restaurants.

Am Herd steht Sebastian Poss, den Service leitet seine Frau Sandra. Über Erfahrung in den besten Häusern verfügen beide – und ja, Sebastian Poss hat auch im „Sonnora“ gearbeitet. Seit mittlerweile acht Jahren führen die beiden das Restaurant, das derzeit mit 15 Punkten im Gault Millau und einem Bib Gourmand geführt wird.

Aus der klug reduzierten Karte kann man entweder à la Carte wählen oder sich sein Menü in drei Gängen (41€ mit Suppe / 47€ mit Vorspeise) oder vier Gängen (52€ / 60€) selbst zusammenstellen kann. Lediglich für Gänseleberterrine oder Käse fallen bei Menüwahl kleine Aufschläge an. Vielleicht ist hier in der Eifel preislich nicht viel mehr möglich, aber angesichts der angebotenen Zutaten ist das nicht anders als günstig zu bezeichnen.

Wir entscheiden uns – natürlich – für die Viergang-Menü-Option und schnell stehen das frisch gebackene Brot mit Tomatenbutter und Kräuteraufstrich auf dem Tisch.

 

Brot, Butter, Aufstrich
Brot, Butter, Aufstrich

Als Gruß schickt die Küche einen fein abgestimmten Asia-Salat mit einem Fenchel-Espuma in einer knusprigen Tartelette. Ein kleiner, charmanter Appetitmacher.

Amuse Bouche
Amuse Bouche

Das Forellenfilet in meiner Vorspeise ist mild gebeizt, aber relativ fest in der Struktur – und köstlich. Radieschen und Pfifferlinge sind die passenden Mitspieler und auch der Rahm mit Schnittlauch ist eine schöne Ergänzung, allerdings so üppig bemessen, dass er fast droht, den Eigengeschmack des Fisches zu überdecken. Weniger wäre hier für mein Empfinden mehr, aber auch so ist das ein sehr guter Auftakt.

FORELLENFILET gebeizt | Pfifferlinge | Schnittlauchrahm | Radieschen | Pumpernickel
FORELLENFILET gebeizt | Pfifferlinge | Schnittlauchrahm | Radieschen | Pumpernickel

Der Gänseleberterrine im Speckmantel merkt man das ausgezeichnete Handwerk an. Sie ist von feinem Schmelz und gut gewürzt. Trauben und Macadamia sorgen für Säure und Crunch, Brioche komplettiert das durch und durch klassische Ensemble. Tadellos und lecker.

Der folgende Zander ist knusprig und auf den Punkt gebraten. Das Wurzelgemüse, auf dem der Fisch thront, ist von der Art akkurat geschnitten, wie man es heutzutage kaum noch findet. Es sind diese Kleinigkeiten, an denen man eine gute Schule erkennt. Die angekündigten Risoni-Nudeln vermisse ich zwar, aber Safranschaum und Muscheln genügen mir als aromatische Komplettierung auch so.

ZANDER | Muscheln | Safransud | Wurzelgemüse | Risoni Nudeln
ZANDER | Muscheln | Safransud | Wurzelgemüse | Risoni Nudeln

Sehr mediterran eingefasst ist der Seeteufel mit Kartoffel-Olivenölpüree, Fenchel und Tomatenconcassée. Das ist zwar rustikaler, aber deswegen nicht weniger geschmacksintensiv.

SEETEUFEL | Tomaten-Vinaigrette | Pinienkerne | Fenchel | Oliven-Kartoffelpüree
SEETEUFEL | Tomaten-Vinaigrette | Pinienkerne | Fenchel | Oliven-Kartoffelpüree

Im Hauptgang geht es für mich weiter mit Maispoularde und Blumenkohl in Texturen als Püree und gebratene Röschen. Auch der Strunk ist verarbeitet, was mir gut gefällt. Eine kräftige Jus, eine sahnige Sauce, Trüffel und fabelhafte Fregola als Beilage ergeben einen ganz wunderbaren Wohlfühlgang. Das ist traditionell, aber gleichzeitig auch zeitgemäß und stimmig.

Mein Mann ist mit seiner Challans-Entenbrust ebenfalls sehr zufrieden. Das Fleisch ist perfekt gebraten, das Süßkartoffelpüree, ein Gemüse, dem ich normalerweise nicht so viel abgewinnen kann, ist ausgesprochen fein und seidig. Auch hier ist die Jus konzentriert und demonstriert tadelloses Handwerk. Shiitake und Erdnuss sind genau richtig portioniert, um interessante Akzente zusätzlich zu den gebratenen Salatherzen beizusteuern. Das ist alles gut abgestimmt, herzhaft und gleichzeitig elegant.

Beim Dessert entscheide ich mich für den Joghurtschaum, der sich eher als etwas kompakte Mousse darstellt. Dazu gibt es Mirabellen, vermutlich auch im Sorbet, und ein Sektsüppchen. Wäre das etwas kälter gewesen, wäre es noch erfrischender gewesen. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.

JOGHURTSCHAUM | Mirabelle | Sektsüppchen | Baiser | Sorbet
JOGHURTSCHAUM | Mirabelle | Sektsüppchen | Baiser | Sorbet

Sehr schön auch die Variation rund um Kirsche. Das Exemplar auf dem kleinen Brownie ist mit Mousse gefüllt, Eis, Creme und eingelegte Kirschen sowie Schokoladensand sind allesamt handwerklich gut gemacht und köstlich.

KIRSCH-TÖRTCHEN | Schokoladenbrownie | Creme | Sand | Sorbet
KIRSCH-TÖRTCHEN | Schokoladenbrownie | Creme | Sand | Sorbet

Was aber wäre die vorzügliche Küchenleistung ohne die passende Weinbegleitung? Da die Weinkarte auch online verfügbar ist, konnte ich schon im Vorfeld eine Auswahl treffen und die fällt gar nicht leicht. Denn vor allem in den deutschen Anbaugebieten ist die Auswahl ausgezeichnet, aber angesichts der Preise auch nicht einfach. Denn die sind so gastfreundlich kalkuliert, dass man am liebsten einmal querbeet die Karte rauf und runter trinken möchte. Aber auch, wenn einen das Taxi zurück fahren wird, sind die körperlichen Möglichkeiten beschränkt. Also begrenzen wir uns auf zwei Flaschen.

Schon die Weißburgunder Réserve vom Weingut Reichsgraf von Kesselstadt macht viel Freude, aber noch mehr der „MarMar“ vom Weingut von Winning. Eine Granate, die wir vor einiger Zeit das Vergnügen hatten, vor Ort am Weingut probieren zu dürfen. Der für Winning-Weine typische Holzeinsatz auch beim Riesling paart sich hier mit einem schier endlosen Finish. Ab Weingut kostet die Flasche bereits 85 Euro, so dass man sich denken kann, wie so etwas üblicherweise im Restaurant bepreist ist. Hier ist es nicht mal Faktor 2 – eine pure Einladung.

Aber es ist natürlich nicht nur das charmante Preisniveau, das sich hier durch alles zieht, sondern vor allem eine tadellose Küchenleistung, der man die ausgezeichnete Schule anmerkt, die guten Produkte und Gerichte, die ihre klassische und traditionelle Basis nicht verleugnen und dennoch ganz zeitgemäß bleiben.

Der Service ist aufmerksam und freundlich, die Weinkarte wie beschrieben ein Eldorado. Was bleibt also als Fazit? Manchmal braucht es einen Zufall, um einen Schatz zu finden. Zum Beispiel so einen, wie Sebastian und Sandra Poss hier geschaffen haben.

Details

Restaurant: Schloss Niederweis
Adresse: Hauptstraße 9, 54668 Niederweis
Öffnungszeiten: Mittwoch – Sonntag: 12:00 – 14:00 Uhr + 18:00 – 21:00 Uhr
Montag + Dienstag: Ruhetag
Website: www.schloss-niederweis.de/

Schlagworte

, , , , , ,

Verwandte Artikel


Dein Kommentar