Victor’s Fine Dining by Christian Bau, Perl-Nennig
Am 13. August 2022 in Deutschland | 3771 Aufrufe | 1 Kommentar
Christian Bau ist für mich der beste Koch Deutschlands. Ich denke, nicht nur anhand der Anzahl von Berichten, die ich hier bereits veröffentlicht habe, ist dies bereits zu erkennen, auch mit meiner Bewunderung über seine Küche habe ich bisher nicht hinterm Berg gehalten. Nachdem der Gault Millau sein Bewertungssystem geändert hat und vor allem in der Spitze Differenzierungen vorgenommen hat, hält Bau nun auch offiziell in der Gesamtwertung aller deutschen Restaurantführer die unangefochtene Spitzenposition.
Aber auch ohne diese mathematische Bestätigung hat sich an meiner Einschätzung nach unserem letzten Besuch nichts geändert. Um mich nicht in endlosen Wiederholungen zu ergehen, werde ich diesmal auf eine detaillierte Beschreibung der meisten Gerichte verzichten. Die Bilder sollten für sich sprechen und in erster Linie der Dokumentation eines Schaffens dienen, in dem Christian Bau die japanisch-frankophile Stilistik seiner Küche konsequent weiter pflegt. Bewährte Klassiker stehen dabei neben neuen Gerichten, mit denen er auch mutige Wege geht und deutlich macht, dass Stillstand keine Option ist.
Beeindruckend auch weiterhin die Parade von Grüßen, die Bekanntes mit Neuem mischt. Gewohnt großartig als Einstieg die Meeresfrüchte unter luftigem Gurkenschaum mit Shishitopepper und das Tatar mit Räucheraal. Ein Klassiker längst die Waffel mit Saba-Makrele und Kaviar. Neu und für mich diesmal der Winner unter den Snacks die noch warme, gebackene Norialge mit Kampachi und Kaviar und auch die Tartelette mit Stücken vom Lachsbauch in einem auf kleinstem Raum überbordenden Zutaten- und Aromenspektrum ist begeisternd gut.
Verlässlich gut das Sauerteigbrot, die gesalzene und noch besser die mit Sojasauce aromatisierte Butter.
Das Amuse Bouche rund um Taschenkrebs und Yuba, eine japanische Spezialität, bei der Haut von erhitzter Sojamilch abgeschöpft und getrocknet wird, bekommt einen leicht indischen Touch durch das Eis von Mumbai-Curry. Sehr gelungen.
Wie immer startet auch diesmal das Menü mit einigen kalten Gerichten, die vor allem die herausragenden Qualitäten von Thunfisch herausstellen, wobei ich vor allem die Kombination mit Gänselebereis und Holunderblütenvinaigrette in ihrer perfekten Ausgewogenheit zwischen Leichtigkeit und Üppigkeit ganz stark finde.
Zum folgenden Gang muss man sowieso nicht viel sagen. Der Kampachi mit Strandkräutern und Kaviar ist in Präsentation und Geschmack nicht zu verbessern. Ein Teller, der einen unmittelbar ans Meer befördert und gekonnt mit salzigen, jodigen Aromen spielt.
Beim wie immer prachtvollen Gamberoni-Exemplar verblüfft und begeistert mich vor allem das außergewöhnlich würzige Kürbispüree. Und auch beim Steinbutt verleiht Christian Bau der ohnehin schon ausgezeichneten Beurre Rouge einen besonderen Kniff, indem er ihr mit Ochsenmark zusätzliche Tiefe verleiht.
Die Misoshiru mit üppiger Langustineneinlage entwickelt sich auch mittlerweile zu einem Signaturedish, denn eine intensivere, luxuriösere Miso-Suppe ist kaum vorstellbar.
Den Fleischgang bestreitet diesmal Lamm aus dem Limousin, wunderbar marmoriert und mit schönem, knusprig ausgebratenen Fettrand. Geschickt ist die Idee, dem kräftigen Fleisch mit einem Wildkräutersalat eine frische und leichte Komponente an die Seite zu stellen. Das soll die übrigen Zutaten, Zucchini in Variationen und ein flaumiger Schnittlauch-Espuma in keiner Weise schmälern.
Den Auftakt in die süße Abteilung bestreitet ein bildschönes Ensemble um diverse Zitrusfrüchte und ein Eis von Shiso. Erfrischend und genau richtig als Übergang zu den beiden finalen Desserts, die gleichzeitig serviert werden.
Ganz neu auf der Karte ist eine Kombination aus Schokolade, Sojamilch und einem Eis auf Basis von Soba Cha, einem Tee aus geröstetem Buchweizen. Im ersten Moment eröffnet sich hier eine durchaus ungewöhnliche, etwas herbe Aromenwelt. Im zweiten Moment ist das aber sehr schlüssig und harmonisch.
Gleiches gilt auch für das Dessert, das Christian Bau als Hommage an Eric Vildgaard vom dänischen Spitzenrestaurant „Jordnær“ kreiert hat und in dem Haselnuss, Miso und vor allem Trüffel, als Eis und frisch gehobelt, eine zwar eigenwillige, aber doch passende Melange eingehen. Vor allem Trüffel mag im Dessert überraschend sein, aber so wie auch Kaviar im „L.A. Jordan“ ganz ausgezeichnet funktionierte, braucht es auch hier nur einen kurzen Moment, um festzustellen, wie gut die Kombination funktioniert.
Auf gewohnt hohem Niveau auch die abschließenden Petits Fours, bei denen wir, auch das ist mittlerweile fast Tradition, nach dem doch sehr umfangreichen Menü auf halber Strecke passen müssen. Mir blutet jedes Mal das Herz, wenn wir einen Großteil zurückgehen lassen müssen.
Bei unserem letzten Besuch haben wir Felix Kress als neuen Restaurantleiter nur knapp verpasst. Diesmal erleben wir, wie gut er ins Team passt und in Ergänzung mit der souverän charmanten Nina Mann ein perfekt eingespieltes Duo abgibt.
Ihre Weinbegleitung kombiniert wie immer viel Riesling von der Mosel mit Klassikern aus Frankreich und, wenn man mag, auch Sake. Jedes Mal ein großes Vergnügen.
Was im Übrigen auf den gesamten Abend zutrifft, denn abgesehen von dem unvergleichlichen kulinarischen Genuss, den wir hier jedes Mal erleben, fühlen wir uns auf wunderbarste Weise willkommen und betreut.
Details
Restaurant: | Victor's Fine Dining by Christian Bau |
Adresse: | Schloßstraße 27–29, 66706 Perl-Nennig |
Öffnungszeiten: | Donnerstag - Sonntag: 19.00 - 24.00 Uhr Samstag + Sonntag: 12.00 - 16.00 Uhr Montag - Mittwoch: Ruhetag |
Website: | www.victors-fine-dining.de/ |
Schlagworte
3 Michelin Stars, Christian Bau, Felix Kress, japanisch, kreativ, Nina Mann, Paris-Tokio, Perl
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