Appare, Köln
Am 7. Dezember 2019 in Deutschland | 3542 Aufrufe | 1 Kommentar
Wer an japanische Küche denkt, hat vermutlich als erstes Sushi, Sashimi, vielleicht noch ein paar Show-Spielereien an der Teppanyaki-Platte im Sinn.
Dass aber ein Restaurant bis auf Sashimi und Tempura auf all das verzichtet und sich dem Washoku-Prinzip verschreibt, ist eher selten. Washoku? Im japanischen umschreibt dies eher Begriffe wie Frieden und Harmonie. Im weitesten Sinn ist damit aber auch die Ausgewogenheit und optische Präsentation einer Mahlzeit gemeint.
Hiroyuki Watanabe, Jahrgang 68, dem man nicht ansieht, dass er die 50 schon passiert hat, war viele Jahre im mittlerweile geschlossenen „Daitokai“ Chefkoch und hat sich mit dem „Appare“ vor einem Jahr selbständig gemacht. Der Gault Millau spendiert hierfür in seiner 2020 Ausgabe 13 Punkte.
Wir besuchen das Restaurant, das zwischen Rudolfplatz und Neumarkt in einer Seitenstraße des schwulen Epizentrums der Schaafenstraße liegt, an einem Samstag Abend.
Innen präsentiert es sich relativ sachlich und zweckmäßig. Übermäßig Deko hätten wir ohnehin nicht erwartet. Das Markanteste ist noch die Theke, auf der zahlreiche Sake und sonstige japanische Spirituosen präsentiert sind. Dezente Jazzmusik spielt im Hintergrund. Etwas überrascht sind wir, dass trotz eines Samstag Abends viele Tische unbesetzt bleiben.
Im „Appare“ gibt es ein Menü zu 38 Euro mit acht Auswahlmöglichkeiten bei den Vorspeisen und sieben Alternativen bei den Hauptgängen. Vorweg wird ein Amuse Bouche gereicht, danach ein Duo von kleiner Vorspeise und Suppe. Zusätzliche Vorspeisen werden mit 9,50 Euro berechnet. Desserts gehen extra.
Ein Mittagsmenü zu weniger als 20 Euro wird ebenfalls angeboten.
Als Amuse Bouche gibt es gezupfte, geräucherte Makrele auf Krautsalat, die mit Yuzu angenehm säuerlich abgeschmeckt ist. Das ist ein netter, aber noch recht harmloser Appetithappen.
Das folgende Duo besteht aus gebratener Paprika mit einem nicht näher bezeichneten Fischstück, etwas Crunch und einem fein abgestimmten Salat.
Das Schwarzwurzelsüppchen ist sehr sämig, nicht sehr prägnant und mutet recht europäisch an.
Die obligatorische Aufnahme ist diesmal allerdings der lebhaften Unterhaltung zum Opfer gefallen. Oder war’s doch der Hunger?
Aus den Vorspeisen wählen wir das Tataki von der Entenbrust. Das Fleisch ist rosa gegart und weist eine schöne Würze und leichte Schärfe auf.
Ich starte derweil mit der Escabeche von Sardine. Das mutet ein wenig wie Brathering an und der erneut mit Yuzu fein abgestimmte und säuerliche Sud ist gut, aber insgesamt fehlt mir hier doch ein wenig das Besondere.
Wir bestellen noch jeweils eine zusätzliche Vorspeise und sind dann mit Sashimi und Tempura in recht gewohnten Gefilden unterwegs.
Die Sashimi von Thunfisch, Jakobsmuschel und Rotbarsch sind von guter Produktqualität, dazu gibt es zweierlei Wasabi und Sojasauce.
Auch das Tempura von Garnele, Fisch und diversen Gemüsen kann mit ganz feinem, krossen Teig überzeugen. Dazu gibt es eine mildere Sauce sowie geriebenen Rettich und Ingwer.
Im Hauptgang wählen wir zum einen mit Miso lackierten Lachs. Das opulente Stück ist zwar durchgebraten bzw. gegrillt, aber trotzdem noch saftig, Die Beilagen (Bohnen, Romanesco, grüner Spargel, Austernpilze und Kürbispüree) muten eher klassisch und europäisch an.
Auch am Gargrad der Challans-Entenbrust gibt es nichts zu meckern. Das Fleisch ist gut rosa gebraten, als Würzmittel dienen rosa und grüner Pfeffer. Ansonsten sind die Beilagen identisch. Bei denen sind die unterschiedlichen Garzeiten zwar ordentlich berücksichtigt. Aber sie kommen leider entweder lauwarm oder kalt an den Tisch.
Bei den Desserts halten wir uns an Eis, einmal Vanilleeis im Blätterteigmantel gebacken mit einem grünem (Matcha?), aromatischen Pulver bestreut und einem sehr cremigen Matcha-Eis sowie einem Stück recht harter Papaya. Letzteres hätte ich jetzt angesichts des sonst so ausgeprägten Qualitätsanspruchs bei Japanern nicht erwartet, aber beide Eissorten sind ansonsten sehr lecker.
Dies ist also unsere Begegnung mit Washoku-Küche gewesen. Abgesehen von einigen markanten Säurespitzen bei den Vorspeisen, Soja und Wasabi als Würzmittel zum Sashimi und Tempura war dies auch in der Aromatik klassischer und europäischer als erwartet.
Die Gerichte waren eher auf eine in sich stimmige Harmonie ausgelegt als auf vordergründige Effekte. Ob dies das Washoku-Prinzip widerspiegelt oder nur mein Eindruck anhand der von uns probierten Gerichte ist, kann ich nicht sagen. Auf jeden Fall war dies eine japanische Küche, wie ich sie in dieser Form bisher nicht kannte.
Ich vermute, dass Hiroyuki Watanabe in der Küche vieles alleine macht. Das mag die recht langen Wartezeiten und die nahezu kalten Beilagen bei den Hauptgerichten erklären. Passieren sollte es dennoch nicht.
Die Speisekarte wechselt offenbar nicht allzu häufig. Auch wenn mich bei diesem Besuch noch nicht alles vollständig überzeugen konnte, werde ich gerne auch noch andere Gerichte aus dem Menü probieren, denn wir haben uns wohl gefühlt.
Der Service ist aufmerksam und freundlich, Hiroyuki Watanabe ein interessierter und gutgelaunter Chef und das Preis-Leistungs-Verhältnis ausgezeichnet.
„Appare“ steht im japanischen als Ausruf für Begeisterung. Dieses Mal bleibt das noch etwas verhalten. Aber das kann sich ja ändern.
Details
Restaurant: | Appare |
Adresse: | Balduinstraße 10, 50676 Köln |
Öffnungszeiten: | Donnerstag - Dienstag: 12:00 - 15:00 Uhr und 18:00 - 22:00 Uhr Sonntag + Feiertag: kein Mittagstisch Mittwoch: Ruhetag |
Website: | www.appare.de |
Schlagworte
Appare, Gault Millau, Hiroyuki Watanabe, japanisch, Köln, Washoku
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Hm, da hätte ich etwas mehr erwartet. Insbesondere angesichts der Konkurrenz scheint der Zweitbesuch nicht besonders dringend. Trotzdem ist eine Ergänzung um neue Küchen(-Stile) grundsätzlich positiv.