Auberge du Paradis, Saint-Amour-Bellevue

Auf unserem Weg in den Süden Frankreichs brauchen wir einen Zwischenstop. Was würde sich besser anbieten, als ein erneuter Aufenthalt in der „Auberge du Paradis“ im südlichen Mâcon, nicht weit entfernt von Lyon. Vor vielen Jahren waren wir schon einmal dort und hatten das Haus vor allem wegen seiner wunderbaren, individuell eingerichteten Zimmer und des hervorragenden Frühstücks in toller Erinnerung.

Mittlerweile hat sich im kleinen Ort einiges getan. Schräg gegenüber gibt es ein weiteres Restaurant, das sogar mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet ist und nebenan ein sympathisches Restaurant, das sich der Hausfrauenküche zu widmen scheint.

In der „Auberge du Paradis“ hingegen, seit 2014 auch mit einem Stern dekoriert, hat sich nicht so viel verändert. Zimmer und Frühstück sind immer noch exquisit und im schwarz gestrichenen und ansonsten in etwas wildem Stilmix eingerichteten Restaurant gibt es auch weiterhin nur ein Menü in 5 Gängen zu nun 74 Euro. Küchenchef und Inhaber Cyril Laugier wechselt das Menü alle vier Wochen. Auf Allergien wird Rücksicht genommen, ansonsten wird gegessen, was auf den Tisch kommt.

Interieur
Interieur

Die ersten vier Grüße zum Apéritif signalisieren durchaus schon mal, was Laugier wichtig ist: markanter Einsatz von Gewürzen. Ob dies ein Käsecracker mit Kümmel, ein recht grob geschnittenes und mit Kreuzkümmel abgeschmecktes Tartar oder eine Räucherforellencreme ist – alles dokumentiert, dass hier sehr mutig abgeschmeckt wird.

Amuses Bouches
Amuses Bouches

Gleiches gilt auch für den abschließenden Gruß, eine kleine Praline, die als Interpretation eines Geflügel-Kebaps mit Joghurtcreme und Garam Masala durchgehen kann.

Amuse Bouche: Kebap-Praline vom Geflügel mit Garam Masala
Amuse Bouche: Kebap-Praline vom Geflügel mit Garam Masala

Der erste Gang des Menüs klingt laut Karte zunächst einmal etwas unspektakulär. Eine Gazpacho, selbst mit Einlage, erscheint mir jetzt auf den ersten Blick nicht als die Krönung der Kreativität. Aber ich lasse mich eines besseren belehren. Die Suppe im Glas ist mit einer angenehmen Schärfe ausgestattet. Frischkäse und sogar der Sommertrüffel können hier gute Akzente setzen. Und der auf dem Glas platzierte Cracker mit ebenfalls Frischkäse und Trüffel sorgt für crunchige Abwechslung. Das ist sehr gut.

Gazpacho von Coeur de Boeuf-Tomate mit Sommertrüffel, Frischkäse, Vinaigrette von rotem Curry und Schnittlauch
Gazpacho von Coeur de Boeuf-Tomate mit Sommertrüffel, Frischkäse, Vinaigrette von rotem Curry und Schnittlauch

Französische Speisekarten sind ja im Allgemeinen recht ausführlich in der Auflistung aller Komponenten, so dass auch beim folgenden Fischgang klar wird, dass hier wieder recht viel passieren wird. Und so ist es denn auch. Das gut gebratene Schollenfilet Müllerin Art thront auf kaltem Zwiebelconfit und einer Honigmelonenspalte. Separat gibt es noch eine warme Rosmarinsauce, die man wahlweise als solche auf das Gericht geben oder sie als Suppe dazu trinken kann. Marinade von Ajowansamen, einer Kümmelart, spielt ebenfalls mit. Eine gewisse Exaltiertheit beim Anrichten, wo es gerne nach oben, weit nach oben, gehen kann, ist auch hier wieder präsent. Zugunsten der besseren Erkennbarkeit habe ich den mindestens 30cm in die Höhe ragenden Teigbogen auf dem Foto abgeschnitten. Außer für den Knusper hat er auch nicht viel zum Gericht beigetragen. So bunt, wie der Teller aussieht, schmeckt er auch. Es ist kalt und warm, kräutrig und fruchtig, irgendwie alles durchaus miteinander passend, aber mir geschieht doch ein bisschen zu viel. Der berühmte Teller bunter Knete fällt mir hier als erstes ein. Ich bin hin- und hergerissen. Mein Mann findet’s toll.

Weiter geht der Aromenritt mit dem Schulterstück vom Black Angus, das sehr gut gebraten ist. Neben Zucchini und Tomatenwürfeln bestimmt hier ein Knoblauch-Dill-Pesto sowie eine Creme von Tandoori und Pistazie das Geschehen. Erneut ist das fast zu viel des Guten, aber hier finde ich das Zusammenspiel der verschiedenen zum Teil exotischen Aromen sehr gelungen.

Paleron vom Black Angus, Knoblauch-Dill-Pesto, Püree von Tandoori und Pistazie, Zucchini
Paleron vom Black Angus, Knoblauch-Dill-Pesto, Püree von Tandoori und Pistazie, Zucchini

Die Käseauswahl wird von der Küche vorgegeben und sieht Brillat Savarin, Pont l’Évêque, Langres und Epoisses vor. Gerade, wenn dieser Gang eigentlich lange vorher feststeht und die Tische weitestgehend alle im Takt sind, hätte ich mir gewünscht, wenn der Käse etwas besser temperiert gewesen wäre. Die dazu gereichte Marmelade braucht es für mich sowieso nicht. Ansonsten typische und für mich gut passende Zusammenstellung.

Käseauswahl
Käseauswahl

Bei aller Freude, die Cyril Laugier am wilden Kombinieren hat: Beim Dessert übertreibt er es eindeutig. Die Melange aus recht grob zu Kompott verarbeiteten Himbeeren, einer unangenehm grisseligen Mandelmousse, seifig schmeckendem Pfeffer-Verbene-Eis und quietschgrünem Verbenegelee geht vorne und hinten nicht auf. Das ist optisch schon nicht schön, unharmonisch und schmecken tut es auch nicht. Um es leider deutlich zu sagen: Es war furchtbar.

Himbeeren aus Cenves, Mandelcreme, Pfeffer-Verbene-Eis
Himbeeren aus Cenves, Mandelcreme, Pfeffer-Verbene-Eis

Viel besser gelingen dann die Petits Fours, die doch noch mal klassisches Patisserie-Handwerk erkennen lassen.

Petits Fours
Petits Fours

Die Küche in der „Auberge du Paradis“ ist ein wenig wie das gesamte Haus. Bunt, kreativ, individuell, immer etwas wild, aber unterm Strich schon schön. Cyril Laugier spielt nicht subtil und leise, sondern eher laut und kraftvoll. Sein Umgang mit Gewürzen ist prägnant, abgeschmeckt wird eher mutig als dezent, Kontraste sind gewollt und die Präsentationen sind auch gerne auffallender als zurück genommen. Bei einem derartigen Parforceritt riskiert man auch schon mal, dass ein Gang daneben geht. So geschehen beim Dessert, das wirklich zu den schlechtesten gehörte, an die ich mich erinnern kann. Aber so what? Hat es uns den Abend vermiest? Mais non, pas du tout! Wir hatten interessante Weine im Glas, darunter einen roten Natural Wine aus dem Jura. Das ist wie mit dem Dessert. Vielleicht hab ich auch den einfach nicht verstanden, aber warm wurde ich damit nun mal nicht. Enttäuschung? Nein. Wiederholung? Vermutlich nicht so bald. War es eine interessante Erfahrung? Natürlich.

Außenansicht
Außenansicht

Für Hotel und Restaurant gilt aber weiterhin: Gerne wieder. Alleine der traumhaften Betten wegen und des für französische Verhältnisse formidablen Frühstücks!

Details

Restaurant: Auberge du Paradis
Adresse: Le Plâtre Durand, 71570 Saint-Amour-Bellevue
Öffnungszeiten: Mittwoch - Freitag: abends
Samstag + Sontag: mittags + abends
Montag + Dienstag: Ruhetag
Website: www.aubergeduparadis.fr

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Kommentare

  1. Gero Kettler am 15. September, 2018 um 10:46 Uhr.

    Vielen Dank für den schönen Bericht. Manchmal führt es uns ja auch weiter, wenn wir erkennen, wie es nicht sein sollte. Aber bitte nicht zu oft. Beim Käse lasse ich manchmal nachfragen, ob er schon aus der Kühlung ist, wenn ich mir des Hauses nicht sicher bin. Aber hier: Fauxpas, mon Dieu! Aber der Teller unter dem Fleischgang ist interessant.

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