Haus Stemberg, Velbert

Landpartie ins Bergische – Schon lange hatten wir uns endlich mal wieder einen Besuch im „Haus Stemberg“ in Velbert vorgenommen. Doch wann immer wir uns dachten, dass so ein Ausflug doch eine schöne Idee sei, waren wir immer zu spontan und damit hoffnungslos zu spät. Walter Stemberg erzählt uns, dass es in 2019 bisher nur drei Tage gegeben hat, an denen man nicht ausgebucht gewesen sei. Da dürften einige Kollegen neidvoll nach Velbert schauen, zumal auch die Lage zwar im Einzugsbereich von Düsseldorf, Ruhrgebiet und Bergischem Land günstig, aber eben doch auch etwas abgelegen und mit öffentlichen Verkehrsmitteln so gut wie gar nicht zu erreichen ist.

Heute allerdings haben wir frühzeitig reserviert, was doppelt notwendig ist, denn es ist Ostern, das Wetter prächtig und neben den verschiedenen Gasträumen wird auch noch die Terrasse bespielt.

Dass auch unser letzter Besuch an Ostern stattfand, konnten wir noch erinnern, aber auf das Jahr kamen wir einfach nicht mehr. So ist das, wenn man älter wird und nicht mehr weiß, was man vor einem Jahr gemacht hat. Tatsächlich ist es bereits wieder zwei Jahre her und wir nehmen erneut im Kaminzimmer Platz, das mit neuen und rustikal, aber sehr edel wirkenden Tischen, dafür aber mittlerweile ohne schwere Tischwäsche, eine weitere zeitgemäße Auffrischung erhalten hat.

Sehr viel mehr hat sich allerdings nicht verändert. Die Begrüßung durch Sascha und Walter Stemberg ist herzlich, der Service flott, aufmerksam und liebenswürdig.
Zusätzlich zum regulären Programm, das neben den Hausklassikern, Steaks, einem Regional- und einem kreativen Degustationsmenü auch noch eine saisonale Spargelkarte sowie Tagesempfehlungen enthält, was ja alleine schon eine bemerkenswerte Leistung ist, gibt es auch noch ein Ostermenü. Wo andere Restaurants gerade an solchen Großkampftagen eher ein reduziertes Angebot vorhalten, legen Stembergs sogar noch eine Schippe drauf. Wir entscheiden uns für das Ostermenü, das uns heute besonders zusagt.

Zu Beginn grüßt die Küche traditionell mit einigen Löffelgerichten und Süppchen. Heute ist es mit Gin gebeizter Lachs und Limonencreme, Thunfischtatar auf asiatische Art und eine wunderbar cremige Kartoffelsuppe mit Kernöl. Zusätzlich dürfen wir auch das Schaumsüppchen vom Atlantik-Hummer probieren. Alle vier Grüße sind aromatisch präzise und ein schöner Einstieg in unser Mittagsmenü.
Auch Brot, Knäckebrot und locker aufgeschlagene Butter sind ausgezeichnet.

Schräg gegenüber vom Restaurant ist ein Spargelhof, von dem man in der Saison den Spargel vermutlich frischer bezieht als von irgendwo sonst. In unserer Vorspeise ist er in ganzen Stangen mariniert angemacht, exakt so knackig und bissfest, wie ich es gerne mag, bedeckt mit einem Wildkräutersalat. Der Ikarimi-Lachs dazu ist nur ganz leicht gegart und noch lauwarm. Mit dem angegossenen Kerbelsud ergibt sich ein aromatisches, leichtes Gericht mit angenehmen säuerlichen und bitteren Noten. Ein schöner frischer Gang.

Marinierter Spargel vom Hof Gut Kuhlendahl / Ikarimi Lachs / Kerbelsud / Zitrone / Wiesenkräuter
Marinierter Spargel vom Hof Gut Kuhlendahl / Ikarimi Lachs / Kerbelsud / Zitrone / Wiesenkräuter

Mit Spargel geht es auch weiter als Süppchen auf einem Ravioli mit einer herzhaften Füllung aus Perlhuhnkeule, Kartoffel und Champignons. Der Teig ist mir vor allem am Rand etwas zu fest, aber das lässt sich verschmerzen, denn mit der üppigen Einlage, den Wildkräutern und den Mini-Croutons ergibt sich quasi eine Spargelsuppe de Luxe.

Sascha Stemberg meint es gut mit uns und so streut er einige zusätzliche Grüße ein mit kleinen Versionen von Gängen aus den übrigen Menüs. Das freut uns umso mehr, als es Gerichte sind, die ich mir vermutlich ohnehin bestellt hätte, wenn uns nicht das Ostermenü angelacht hätte.
Das Bärlauchsüppchen mit der gebackenen Kalbskopfpraline aus dem Regionalmenü ist ein schönes Beispiel dafür, wie man auch vermeintlich Rustikales sehr fein umsetzt. Beides, gerade auch in dieser Kombination, hätte mir durchaus auch in der großen Variante gefallen.

Mit einer perfekt gebratenen Tranche vom aromatischen Adlerfisch geht es weiter. Und als wäre der Fisch nicht schon gut genug, wissen in diesem Gericht vor allem die Mitspieler zu glänzen. Kross gebackenes Kalbsbries, ein Leipziger Allerlei, das bis auf die hier nicht nötigen Flusskrebse alles bietet, was dort hinein gehört und was der Frühling hergibt mit Morcheln, Spargel und Erbsen sowie eine schöne Krustentiersauce ergeben einen tollen, runden und rundum gelungenen Gang.

Bretonischer Adlerfisch, Leipziger Allerlei mit Kalbsbries, Spargel, jungen Erbsen, Frühlingsmorcheln & Hummersud
Bretonischer Adlerfisch, Leipziger Allerlei mit Kalbsbries, Spargel, jungen Erbsen, Frühlingsmorcheln & Hummersud

Als Erfrischung vor dem Hauptgang schickt die Küche ein cremiges Zitrusfrüchtesorbet, das mit dem hauseigenen Gin aufgegossen wird. Der ist von der eher markanten Art, die ich gerne als Männer-Gin bezeichne und macht sich prächtig mit dem Sorbet. Lediglich die Tatsache, das ich der Fahrer bin, hält mich davon zurück, das komplett auszulöffeln. Ich beschließe innerlich, dass die Fahrerfrage beim nächsten Mal definitiv anders gelöst werden muss.

Zitrusfrüchtesorbet mit Stemmi´s 1864 Gin
Zitrusfrüchtesorbet mit Stemmi´s 1864 Gin

Recht klassisch präsentiert sich das Zweierlei vom Salzwiesenlamm, das zum einen makellos rosa gebratenen Rücken und ein zart, mürbes Stück von der geschmorten Keule bietet. Blumenkohl als Püree und pur sowie Gremolata sind stimmige Beilagen. Gel von der Salzzitrone liefert schöne Säurespitzen. Dieser Teller ist ein gelungenes Beispiel, wie man im „Haus Stemberg“ die Küchenlinie versteht. Der Gang könnte sowohl als feines, bürgerliches Gericht durchgehen, aber genau so gut auch in der Fine Dining-Abteilung bestehen.

Zweierlei vom Salzwiesenlamm - Geschmorte Keule & gebratener Rücken / Blumenkohl / Salzzitrone / Gremolata
Zweierlei vom Salzwiesenlamm - Geschmorte Keule & gebratener Rücken / Blumenkohl / Salzzitrone / Gremolata

Als Pré-Dessert schickt Sascha Stemberg uns als weiteren Gruß eine kleine Version des Desserts aus dem Degustationsmenü. Mit der Kombination aus Ananas und Kokos-Espuma bedient die Küche einen bekannten Geschmacksakkord. Auch Fenchel und Dill fügen sich hier nur mit ganz dezenten herben Noten ein. Das ist frisch, nicht zu süß, abwechslungsreich und ganz leicht zugänglich.

Komposition von Ananas, Kokos, Fenchel & Dill
Komposition von Ananas, Kokos, Fenchel & Dill

Zur Zeit schwer angesagt sind offenbar Käsekuchen-Desserts auf Basis von Ziegenquark. Zumindest ist dieses hier für uns das zweite innerhalb von drei Tagen. Zusammen mit Rhabarber als Ragout und Espuma ist dies eine so klassische wie passende Kombination. Aber der eigentliche Knüller ist das Sauerampfereis, das mit seiner säuerlichen und vegetabilen Note eine tolle Frische in das Gericht bringt. Sehr gelungen.

Mit einem Himbeer-Marshmellow, einer mit Passionsfrucht gefüllten Eispraline, Schoko-Crossies und einem Stück Kuchen schließt ein Menü, das eindrucksvoll belegt, warum das „Haus Stemberg“ so erfolgreich ist.

Auch in fünfter Generation legen Stembergs Wert darauf, dass man immer ein Gasthaus war und es auch bleiben möchte. Der über die Jahre gewonnenen Auszeichnungen ist man sich sehr bewusst, will aber trotzdem keinerlei Hemmschwellen aufkommen lassen. Hier kann man bestellen, worauf immer man Lust hat. Auch an diesem Tag sitzen einträchtig Gäste beieinander, die nur zwei Gänge bestellen und andere, die ganze Menüs bestellen. Allen gemeinsam ist, dass sie wissen, wie sorgfältig hier gekocht wird. Ob es Klassiker sind, die moderat verfeinert sind oder Gerichte mit eindeutig kreativerem Touch. Und häufig, wie in unserem Menü, sind die Grenzen vollkommen fließend. Die Mischung macht’s. Jedenfalls wird hier jeder fündig und glücklich. Die gelebte Gastfreundschaft tut ihr übriges dazu.

Zu beklagen ist eigentlich nur, dass es keine Zimmer gibt. Denn mit der deutlich ausgebauten und gastfreundlich kalkulierten Weinkarte gäbe es einen weiteren Grund, sich es hier auch im Glas ausgiebig gut gehen zu lassen. Aber auch ohne Zimmer ist dies ein Gasthaus par excellence. Und das mit der Fahrerfrage kriegen wir beim nächsten Mal auch wieder irgendwie gelöst.

Details

Restaurant: Haus Stemberg
Adresse: Kuhlendahler Straße 295, 42553 Velbert-Neviges
Öffnungszeiten: Montag - Mittwoch: 17.30 - 23.00 Uhr
Samstag + Sonntag: 12.00 - 15.00 Uhr und 18.00 - 23.00 Uhr
Donnerstag + Freitag: Ruhetag
Website: www.stemberg.tv

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