Meierei Dirk Luther, Glücksburg
Am 22. März 2015 in Deutschland | 3501 Aufrufe
Im hohen Norden der Republik gibt es insgesamt drei 2 Sterne-Häuser auf relativ kleinem Raum, zwei davon allein auf Sylt. Da wird gerne mal übersehen, dass sich auch kurz vor der dänischen Grenze mit der Meierei im Alten Meierhof in Glücksburg bereits seit 2008 eines der höchstbewertesten Restaurants befindet. Und zugegeben sind auch wir eher hunderte von Kilometern gen Süden oder in die benachbarten Länder gefahren als die 300 Kilometer an die Flensburger Förde.
Nun also war es soweit und der Zeitpunkt war richtig. Das Gourmetrestaurant im Alten Meierhof hat gerade ein Facelift erfahren und brilliert nun mit nordischer Eleganz in Beigetönen, rustikalen, großzügigen Holztischen ohne Tischwäsche, aber mit feinstem Robbe & Berking-Besteck. Dieses Ambiente bietet genau die richtige Bühne für Dirk Luthers Küche, die eben genau das auch ist: hochfein und elegant.
Schon die ersten Snacks zum Apéritif sind handwerklich ausgesprochen präzise gearbeitet und mit einem eindeutigen Geschmacksbild alles andere als indifferent. Von der Velouté von Roter Bete über das „Aal-Brot“ über die verschiedenen Häppchen, die von grün-frischen Gurken-Aromen bis zu kräftiger Tandoori-Würze klare Ausrufezeichen setzen.
Mit dem eigentlichen ersten Gang , dem Effiloché vom Taschenkrebs, markiert Dirk Luther endgültig das Niveau, das den Abend bestimmen wird. Optisch bestechend inszeniert auf und in der Petrischale spielt der Taschenkrebs eine Bandbreite von scharfen (Wasabi-Eis), grün-herben (Koriander-Creme) und mild-kräftigen (die separat servierte Krustentier-Bisque) Aromen aus, die ungemein spannend ist und mit dem Sauvignon Blanc vom Weingut von Winning eine großartige Allianz eingeht.
Einen Gang zurück schaltet Luther mit dem Hummer in relativ klassischer mit Beerenauslese kräftig abgeschmeckter Bisque und einem ansonsten eher süßlichen Geschmacksbild. Sehr rund, sehr schön.
Allerdings ist diese Pause nur kurz, denn mit der Rotbarbe in Tonicsud setzt Luther mit Röst-, Räucher- und Grillaromen bei den Gemüsen kräftige und nachhaltige Akzente. Hier gerät der sous-vide gegarte Fisch fast, aber eben nur fast, zum Nebendarsteller.
Auf der einen Seite des Tisches folgt dann ein Kalbsbries mit ausdrucksvoller Kapern-Beurre Blanc und Thunfischcreme, für den der smarte Restaurantleiter und Sommelier Andreas Butzkamm mit einem Orange Wine vom Weingut Werlitsch von der Südsteiermark einen spannenden Begleiter findet.
Für mich gibt es einen sous-vide gegarten Steinbutt mit Trüffeln, Champignons, Meeresschnecken und Brokkoli in samtiger Champignon-Velouté. Sehr klassisch, sehr süffig, ausgesprochen lecker!
Im Hauptgang wird es ebenfalls nicht experimentell, dafür aber bis ins letzte Detail perfekt in der Ausführung. Das Milchlamm ist ein Musterexemplar mediterraner Ausprägung. Der Rücken flankiert von zahlreichen ausgesprochen präzise gegarten Gemüsen mit einer ausdrucksvollen, wenn auch gezügelt kräftigen Jus, die Stelze à part als Ragout. Im Glas dazu ein Roter von der Domaine de l’Horizon aus Calce im Languedoc, der die würzigen Aromen gekonnt unterstützt.
Das Pré-Dessert setzt die Geschmacksnerven mit einer Spielerei rund um das Thema Campari-Orange sehr erfrischend wieder auf Reset, bevor es mit dem eigentlichen Dessert rund um das Thema Haselnuss, Schokolade und Nougat weiter geht. Zwar fehlen mir hier ein paar mehr fruchtige Komponenten, dennoch fällt das Dessert alles andere als schwer aus und begeistert mich nicht nur mit der fabelhaften Präsentation.
Eine schöne Auswahl an Petits Fours und Pralinen rundet einen fabelhaften Abend ab.
Dirk Luthers Küche ist französisch geprägt, aber voll auf der Höhe der Zeit. Verfremdungen sind hier fehl am Platz. Aromen werden ganz klar herausgearbeitet und ergeben so für jedes Gericht ein ganz eindeutiges, immer harmonisches Geschmacksbild. Das ist vielleicht nicht revolutionär oder bringt einen hierzulande in den Fokus der nach Provokation oder wenigstens Innovation heischenden Gastro-Medien. Aber es macht wieder klar, dass perfektes Handwerk und große Geschmackssicherheit unabdingbare Voraussetzungen für uneingeschränkten Genuss sind.
Andreas Butzkamm agiert locker und lässig, er dirigiert eine fehlerfreie und aufmerksame Brigade. Seine Weinempfehlungen waren durchaus nicht immer Selbstläufer, aber in jedem Fall immer stimmig.
So bleibt als Fazit, dass sich ganz hoch oben im Norden offensichtlich mit das Beste im Norden und aus dem Rest der Republik befindet. Und eigentlich bleibt nur eine Frage offen: nämlich, wie es so lange dauern konnte, bis wir das erlebt haben.
Details
Restaurant: | Meierei Dirk Luther |
Adresse: | Uferstraße 1, 24960 Glücksburg (Ostsee) |
Öffnungszeiten: | Dienstag - Samstag ab 18:30 Uhr Sonntag + Montag Ruhetage |
Website: | www.alter-meierhof.de/de/kulinarik/meierei.html |
Schlagworte
2 Michelin Stars, Alter Meierhof, Dirk Luther, Fine Dining, Glücksburg, Gourmet, kreativ, Meierei, Michelin
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