Pottkind, Köln

Besucht man ein Restaurant mehr oder weniger regelmäßig, ist es enorm spannend zu beobachten, wie es sich über die Zeit entwickelt. Das „Pottkind“ ist so eines, das wir seit 2019 zumindest einmal pro Jahr aufgesucht haben. Abgesehen von dem unprätentiösen Ambiente, in dem wir uns sofort wohlfühlen, hat uns auch die Küche von Enrico Sablotny von Anfang an mit ihrer spielerischen, aber klugen Kreativität begeistert.

Besuch von schwäbischen Freunden, die in Orlando leben, bot eine weitere Gelegenheit, diesem sympathischen Haus einen Besuch abzustatten. Zwar sind die Plätze am Tresen nach wie vor die empfehlenswertesten, aber zu viert wird es mit der Kommunikation dort dann eben doch schwer. Zudem ist es Hochsommer und alles drängt auf die Terrasse. Wir sichern uns den Platz im Inneren am Hochtisch, direkt an den voll geöffneten Fenstern und haben so doch etwas Blick in die Küche, sitzen bequem und doch luftig.

Das Konzept ist weiterhin unverändert. Es gibt ein Carte Blanche Menü in fünf Gängen (100€). Vegetarische Option ist nach Vorankündigung möglich. Erfreulich finde ich, dass auch mit dem Michelinstern, den man seit 2021 hält und angesichts der massiven Preissteigerungen allerorten, der Preis für das Menü immer noch vergleichsweise moderat ausfällt.

Den Auftakt macht heute ein erster Fingersnack in Form eines herzhaften Karottenkuchens mit Ziegenkäsecreme, Urkarotte und Manchego. Das ist weich, fluffig und sehr aromatisch.

Apéro
Apéro

Dass Enrico Sablotny durchaus viel Wert auf die Ästhetik seiner Gerichte legt, beweist auch das Amuse Bouche. Hauchdünn aufgeschnittener Kohlrabi bedeckt einen cremig angemachten Reissalat mit Norialgen. Eigelbcreme unterstützt den süffigen, dezent würzigen Charakter dieses Tellers.

Amuse Bouche
Amuse Bouche

Die Vorspeise stellt gegrillte Meeräsche in den Mittelpunkt. Flankiert wird das kalte, feste und sehr aromatische Fleisch von kleinen Segmenten von Rhabarber und seinem kräftigen, säurebetonten fermentierten Sud. Bottargaflan ist mild, aber trotzdem prägnant, der kleine Kräutersalat on top ist nicht nur pure Deko und die Piemonteser Haselnüsse liefern einen zusätzlichen tollen Kick. Ein sehr schöner Auftakt.

Meeräsche vom Grill, Fermentierter Rhabarbersud, Bottargaflan & Haselnuss aus dem Piemont
Meeräsche vom Grill, Fermentierter Rhabarbersud, Bottargaflan & Haselnuss aus dem Piemont

An dieser Stelle gibt es im Menü wie immer das selbstgebackene Brot, wie schon bei unserem letzten Besuch ein Maisbrot, dazu eine Ricottacreme mit Liebstöckelpulver sowie traditionell auch ausgezeichneten, dünn aufgeschnittenen Tiroler Speck.

Jens Peters Maisbrot, Ricotta vom Hielscher Hof & Schinken
Jens Peters Maisbrot, Ricotta vom Hielscher Hof & Schinken

Es folgt Rettich, als dicke Scheibe gebacken in Gerstenbutter, darauf ein Graupensalat mit Meerrettich, der wiederum bedeckt ist von dünn gehobelten, marinierten Rettichscheiben. Kamille blitzt auch noch an der ein oder anderen Stelle hervor, aber vor allem der würzige Krustentiersud verleiht dem Gericht Kraft. Optional kann hierzu noch Kaviar geordert werden, worauf zwar meine Mitspieler, nicht aber ich selbst verzichte. Und die Entscheidung war gut, denn der Kaviar gibt noch mal zusätzliche Power und Salzigkeit. Selbstverständlich funktioniert das auch ohne die Luxuszugabe hervorragend, aber mir gefällt gerade dieser kraftvolle Extrakick.

Rettich in Gerstenbutter, Brühe aus Krustentieren und Kamille & gesalzene Bergamotte
Rettich in Gerstenbutter, Brühe aus Krustentieren und Kamille & gesalzene Bergamotte

Der nächste Teller könnte durchaus auch bereits als Hauptgang durchgehen, und ich bin in der Tat am Überlegen, ob er es bereits sein soll. Denn die Taubenbrust, wunderbar zart gebraten, bekommt mit den ausgesprochen hübsch präsentierten und auf den Punkt knackig gegarten Spargelspitzen, einer aromatischen Madeirasauce und einer deutlich kräftigeren, aber nicht zu Oliven-prägnanten Jus, eine komplette Begleitung, angesichts derer ich mich frage, ob eine weitere Steigerung jetzt noch möglich sei. Aber da ich Taube eh liebe und diesen Gang sehr genieße, schiebe ich diese Gedanken erst mal beiseite und lasse mich weiter überraschen.

Imperial Taube, Grüner Spargel, Madeirasauce & Taggiasca-Oliven
Imperial Taube, Grüner Spargel, Madeirasauce & Taggiasca-Oliven

Und tatsächlich geht es doch noch mal mit Fleisch weiter. Das Onglet ist perfekt auf den Punkt gegart und naturgemäß von kräftigem Geschmack. Ich merke immer mehr, wie dieses Teil vom Rind zu einem meiner Lieblingsstücke wird, weil es einfach mehr Charakter hat als so manches Filet oder Roastbeef. An seine Seite stellt Sablotny einen Buchweizencrêpe mit Ochsenschwanz. So wird es zumindest annonciert. In der am Ende ausgehändigten Menükarte findet sich anschließend Ochsenbrust „Mole“, was durchaus auch passen würde. Etwas Mangold und eine Buchweizenjus runden diesen sehr fokussierten Gang gekonnt ab. Gerade die beiden Fleischgänge gehen nicht gerade als leichte Sommergerichte durch, aber sie sind gekonnt gemacht und ausgesprochen lecker.

Onglet vom Rind, Buchweizensauce, Mangold & Ochsenbrust "Mole"
Onglet vom Rind, Buchweizensauce, Mangold & Ochsenbrust "Mole"

Im Dessert gibt es Erdbeeren mit gebrannter Milch und einem Sorbet von Kakaobohnensaft. Erneut ist das sehr auf die Hauptzutaten konzentriert und kommt ohne großen Schnickschnack aus. Geschmacklich changiert das zwischen einer leicht herben Note, dezenter Süße und Fruchtigkeit durch die Erdbeere. Originell und gut.

Eingekochte Milch vom Hielscher Hof, Erdbeeren & Eis aus Kakaobohnensaft
Eingekochte Milch vom Hielscher Hof, Erdbeeren & Eis aus Kakaobohnensaft

Den finalen Abschluss bilden ein Stück von Zerbinatimelone mit Dillblütenstaub. Die Melone muss ich tatsächlich erst mal googeln, denn von ihr habe ich bisher noch nichts gehört. Verglichen mit anderen Honigmelonen hat diese italienische Sorte allerdings eine völlig andere, sehr beeindruckende Aromatik.

Das Gebäck mit Malzmarmelade und Essig trifft mit seinem herben Ton meinen Geschmack nur bedingt. Dafür kann das Molkefudge mit Tomatenpulver umso mehr überzeugen.

Auch dieser Besuch hat unseren Eindruck bestätigt, dass im „Pottkind“ eine der kreativsten Küchen in Köln angeboten wird. Ich bin immer wieder überrascht, wie einfallsreich Enrico Sablotny Zutaten kombiniert und zu überraschen weiß.

Auch wenn ich heute die Menüdramaturgie etwas unausgewogen fand, ändert das nichts daran, dass jeder Gang für sich genommen sehr überzeugend war. Vielleicht war es den hohen Temperaturen geschuldet, dass ich mir etwas leichtere Gerichte, vielleicht einen zusätzlichen Fischgang anstelle eines der beiden Fleischgerichte gewünscht hätte. Aber das ist nur mein persönlicher Geschmack und fällt nicht ins Gewicht.

Nicht nur unsere Freunde aus Orlando hatten viel Spaß an diesem Abend. Und da wir jetzt dauerhaft in der Stadt sind, wird es aller Voraussicht nach auch nicht nur Besuche im Jahrestakt geben.

Details

Restaurant: Pottkind
Adresse: Darmstädter Str. 9, 50678 Köln
Öffnungszeiten: Dienstag - Samstag: ab 18.00 Uhr
Sonntag & Montag: Ruhetag
Website: www.restaurant-pottkind.de/

Schlagworte

, , , , , ,

Verwandte Artikel


Dein Kommentar