The Izakaya / Intense, Wachenheim

Nach dem „Intense“ ist vor dem „Intense“ und bis dahin gibt es ja auch noch das „Izakaya“. So ungefähr kann man die Situation beschreiben, nachdem Benjamin Peifer bekannt gegeben hat, dass er das „Intense“ in Kallstadt nicht zuletzt aufgrund der unsicheren Situation und des andauernden Lockdowns nicht mehr öffnen würde. Gleichzeitig berichtete er von Umbauplänen in Wachenheim am Standort des „Izakaya“, dem Zweitrestaurant, das sich seit 2020 ebenfalls mit einem Michelinstern schmücken darf.

Der Umzug des „Intense“ kursierte zwar auch schon eine Weile vorher als Gerücht, aber nun darf man erst recht gespannt sein, wie sich Räumlichkeiten und Restaurant im nächsten Jahr präsentieren werden.

In der Zwischenzeit hat Peifer zusammen mit Yannick Schilli, der im „Izakaya“ am Herd steht, die ein oder andere Menübox angeboten, aber das eher sehr unregelmäßig und vermutlich immer mit der Hoffnung verbunden, dass es die letzte sei, bevor man wieder Gäste begrüßen kann. Möglicherweise ist die Box zum Muttertag tatsächlich die letzte, wenn man die aktuellen Inzidenzzahlen betrachtet. Ungeachtet dessen machen wir uns über dieses Gemeinschafts-Menü her, das wie ein Best Of aus beiden Restaurants erscheint. Ohne Mutter – aber für die wäre das alles eh viel zu viel gewesen.

Aber zuvor widmen wir uns der launisch, amüsant geschriebenen Anleitung, die viel Hintergrundinfos zu den Komponenten enthält. Ohne diese Quelle wären meine Beschreibungen mutmaßlich etwas dünn geblieben. Gleichzeitig sorgt sie vor jedem Gang auch immer für den verbalen Soundtrack des Abends, wenn ich meinem Gatten vorlese, was es dazu zu sagen gibt. Wer mag, kann sich aber auch den musikalischen Soundtrack auf die Ohren geben, denn auch das „Intense“ hat mittlerweile, wie einige andere Restaurants, seine eigene Spotify-Playlist.

Die Komponenten
Die Komponenten

Zum Start im „Izakaya“ gehört von Beginn an eingelegtes Gemüse, das auch heute den Auftakt macht. Nur leicht säuerlich eingelegt, aber mit viel Geschmack präsentieren sich Karotte und wohl Kohlrabi. Aber außer der Möhre lässt sich manches Gemüse auch gar nicht mehr recht erkennen. Was aber völlig unerheblich ist, weil es einfach lecker ist.

Tsukemone
Tsukemone

Einer der Klassiker im „Intense“ war vom ersten Tag als Snack Benjamin Peifers Interpretation von „Gequellde mit weissem Kees“, also Kartoffel mit Quark. Hier sind es keine Pellkartoffeln, sondern soufflierte Chips. Die sind beim Transport zwar ein bisschen laff geworden, aber noch knusprig genug und vor allem kräftig gewürzt, dass sie ausreichend Spaß bereiten und mit dem rustikal, leckeren Quark sowieso.

Gequellde mit weißem Kees
Gequellde mit weißem Kees

Für die Vorspeise hat sich Benjamin Peifer von einem Gericht aus dem „NoMad“ in New York von Daniel Humm inspirieren lassen, in dem es um eine Terrine aus Entenstopfleber und Schweinskopfsülze ging.

Hier wird daraus eine Terrine aus Entenleber, allerdings nicht gestopft, und Pressfleisch aus Schweinefuß. Das schmeckt so fein und elegant, dass man hier wirklich die klassische Foie Gras nicht vermisst. Ergänzt wird die Terrine von einem kleinen Salat, eingelegten und frischen Radieschen, selbst hergestelltem Feigensenf und einem dick geschnittenen Sauerteigbrot, das zuvor gegrillt und anschließend mit Knoblauchöl getränkt wurde. Ein buntes und sehr stimmiges Ensemble, das gekonnt zwischen rustikal und elegant pendelt.

Terrine aus Entenleber und Schweinsfuss / Feigensenf / Radieschen / Gegrilltes Sauerteigbrot
Terrine aus Entenleber und Schweinsfuss / Feigensenf / Radieschen / Gegrilltes Sauerteigbrot

Mit der Seeforelle aus der Zucht von Nikki Birnbaum geht es weiter. Da man sich davon verabschiedet hat, Fische aus Wildfang zu verarbeiten, kommt erstklassigen Züchtern von Süßwasserfischen eine immer größere Bedeutung zu. Birnbaum gehört zu den Besten seiner Zunft und beliefert bundesweit bis in die Dreisterne-Gastronomie. Benjamin Peifer verarbeitet Fische immer im Ganzen. So kommt die Seeforelle auch in zwei Gängen.

Den Auftakt macht das Sashimi, das unterlegt wird mit einer Creme aus verbranntem Lauch, die sehr an eine Mayonnaise, allerdings eben ohne Eier, erinnert. Dünne Kohlrabistreifen und Shisokresse toppen das zuvor mit der selbst angesetzten Shoyu besprühte Sashimi und eine sehr ausgewogene Vinaigrette auf Basis von Ume-Mirabellen komplettiert diesen durch und durch sternewürdigen Gang.

Seeforelle von Nikki Birnbaum als Sashimi / Junger Kohlrabi / Ume Mirabellen / Creme aus verbranntem Lauch
Seeforelle von Nikki Birnbaum als Sashimi / Junger Kohlrabi / Ume Mirabellen / Creme aus verbranntem Lauch

Aus den Abschnitten macht man im „Intense / Izakaya“ noch ein Tatar, das als Ceviche angemacht wird. Für die Tigermilch dient eine Dashi als Grundlage, die man aus den getrockneten und geräucherten Karkassen gezogen hat. Damit ist es aber nicht getan, denn aus der Dashi, klarem Tomatenwasser, Korianderöl, Habaneroessig, Schalotten und schwarzem Knoblauch wird letzlich die Marinade erstellt und damit ist auch schon klar, dass es sich hier um eine sehr komplexe Vinaigrette handelt, in der der Fisch gart. Unreife, grüne Erdbeeren steuern noch Säurespitzen bei. Unterm Strich also Resteverwertung deluxe.

Tatar von der Seeforelle / Tigermilch / Erdbeere und schwarzer Knoblauch
Tatar von der Seeforelle / Tigermilch / Erdbeere und schwarzer Knoblauch

Der folgende Gang kündigt zwar nur eine Stange Spargel an, aber de facto sind es zwei, also eine weiße und grüne, bissfest gedämpft. Als Begleitung dient eine Kartoffelcreme mit reichlich Butter und selbst angesetzter Miso aus geräucherten Kartoffelschalen. Einfach, aber von üppigem Geschmack.

"Eine Stange gedämpfter Spargel" / Kartoffelcreme
"Eine Stange gedämpfter Spargel" / Kartoffelcreme

All diese bereits ausgezeichneten Gänge sind aber lediglich das Vorspiel für den Hauptakt in diesem Take Away Menü, einem Hähnchen im Ganzen, das ganz im „Izakaya“-Stil auf den Tisch kommt. Zuvor ist es über Nacht in Salzlake eingelegt worden, dann gegrillt, im Smoker gegart und mit scharfer Marinade bearbeitet. Zuhause kommt es dann noch einmal bei hoher Hitze für etwa 10 Minuten in den Backofen und ist dann perfekt gebräunt mit knuspriger Haut und saftigem Fleisch.

„Angry Bird“ ist der Gang betitelt und damit das auch endgültig zutrifft, kann man mit der mitgelieferten Würzmischung und Korean BBQ-Sauce nachhelfen. Koshihikarireis und Gurkensalat, der mit Knoblauch und Yuzu Koshu angemacht ist, puffern die Schärfe etwas ab und liefern auch noch Frische. Der Vogel ist groß genug, dass wir davon noch etwas übrig lassen, was auch gewollt ist, denn von den Resten wird es am nächsten Tag noch einen Zusatzgang geben.

"Angry Bird" / Gurkensalat / Koshihikari-Reis / Korean BBQ
"Angry Bird" / Gurkensalat / Koshihikari-Reis / Korean BBQ

Als wäre man an dieser Stelle nicht schon satt genug, setzt Benjamin Peifer mit dem Dessert noch einen drauf. Im Weckglas befindet sich ein vorgebackener Guglhupf aus Hefeteig, ordentlich mit Weinbrand getränkt und mit Vanillesahne versehen. Nach einer Viertelstunde im Backofen bei 100 Grad ist er warm genug und kann gestürzt werden. Vanillecreme, eine faszinierende geräucherte Karamellsauce und Rhabarberkompott ergänzen das eh schon üppige Dessert. Aber herrje – ist das gut! Süß, fluffig, vielschichtig durch die dezente Räuchernote. Einfach wunderbar! Und vermutlich ist es auch nur dieses eine Dessert, das den mühsam runtergearbeiteten Gewichtsverlust der Woche mühelos pulverisiert. Aber es ist es wert.

Beschwipster Guglhupf / Vanillecreme / Geräucherter Karamell / Rhabarber
Beschwipster Guglhupf / Vanillecreme / Geräucherter Karamell / Rhabarber

Da es jetzt eh schon nicht mehr drauf ankommt, finden auch noch die Macarons irgendwie ihren Weg vom Teller in den Mund. Obstbrand aus eigenem Bestand leistet hier ausgezeichnete Hilfe und Dienste.

Macaron "Bienenstich Intense"
Macaron "Bienenstich Intense"

Was für ein Abend! Großartige Produkte, geschmacksintensive Kompositionen, die einem tatsächlich das Gefühl gaben, abwechselnd Gerichte aus dem einen wie anderen Restaurant vor sich zu haben.

Aber das Vergnügen ist ja noch nicht zu Ende und setzt sich am nächsten Tag fort. Vom Gockel gibt es noch eine halbe Brust und reichlich abgezupfte Reste. Zusammen mit der mitgelieferten Geflügelbrühe, vorbereitetem Gemüse, Parmesan, Butter und dem, was vom Reis vom Vortag übrig blieb, wird daraus noch mal eine Art Frikassee oder Risotto, ganz wie man will. Uns ist es auf jeden Fall noch einmal ein vollständiges, köstliches Tellergericht.

Japanisches Risotto "À la Frikassee"
Japanisches Risotto "À la Frikassee"

Ob mit oder ohne Mutter hat diese Muttertags-Box noch einmal sehr deutlich gemacht, warum Benjamin Peifers Küche so hochgelobt ist. Die Fusion aus Pfälzer und japanischer Küche mit einem gehörigen Schuss Lässigkeit, hat schon einen erheblichen Wiedererkennungswert. Das Alleinstellungsmerkmal muss er sich vermutlich demnächst mit seinem ehemaligen Souschef Max Goldberg teilen, der mit seinem neuen Projekt „irori“ auf ähnlichen Pfaden wandelt. Aber das ändert ja nichts daran, dass dieser Stil einfach viel Spaß macht und bekannte Geschmacksmuster um neue, spannende Facetten erweitert.

So gesehen, darf man umso mehr gespannt sein, was Benjamin Peifer in Wachenheim auf die Beine stellen wird. Nach dem, was man auf den bisher veröffentlichten Plänen erkennen kann, scheint es ein Konzept über mehrere Räume oder Etagen zu werden. Wird das „Intense 2.0“ womöglich die Pfälzer „Frantzén“-Version? Lassen wir uns überraschen – und bis dahin halten wir uns an „Izakaya“.

Details

Restaurant: The Izakaya / Intense
Adresse: Weinstrasse 36, 67157 Wachenheim
Öffnungszeiten: Intense: nur noch für Gruppen individuell auf Nachfrage buchbar
The Izakaya: Öffnungszeiten nach Lockdown erfragen bzw. auf Homepage prüfen
Website: www.

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Kommentare

  1. Carsten am 14. Juni, 2021 um 12:19 Uhr.

    du hast ja noch ein take away in Petto! 🙂 Sehr schön!

Dein Kommentar