
astrein, Köln
Am 8. August 2023 in Deutschland | 1185 Aufrufe
Eric Werner feiert Geburtstag. Vor vier Jahren startete er mit seinem Restaurant „astrein“ in die Selbständigkeit. Pandemie und Lockdown kamen da zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, aber Werner hat sich mit anspruchsvollen Take Away-Angeboten gut über Wasser gehalten. Mit seiner sehr klassisch fundierten Küche hat er auch schnell ein Stammpublikum gefunden, dem ebenso schnell auch der verdiente Michelin-Stern folgte.
Mittlerweile betreibt Eric Werner mit dem „Augustin“ ein weiteres Restaurant, das sich verfeinerter bürgerlicher Küche widmet. Aber Herzstück ist nach wie vor das „astrein“, für das man sich im August, dem Geburtstagsmonat, ein attraktives Angebot überlegt hat.
Ein viergängiges Menü inklusive Apéritif, Amuse Bouche, Wasser, Kaffee und Weinbegleitung wird für wohlfeile 149 Euro pro Person angeboten und augenscheinlich nehmen die meisten Gäste an diesem Abend, so wie wir, dies in Anspruch. Auch wenn wir während der Pandemie von den Take Away-Boxen Gebrauch gemacht haben, ist es doch tatsächlich schon wieder fast drei Jahre her, dass wir hier im Restaurant essen waren. So ist dies ein willkommener Anlass, unsere Eindrücke aufzufrischen.
Der Abend startet mit einem sehr sommerlichen Amuse Bouche in Form einer Radieschen-Charlotte mit Gurkensalat, Spitzkohl und Gurkensorbet. Zweierlei Saucen, davon eine Meerrettich basierte sowie eine mit Sauerampferöl aromatisierte, komplettieren diesen Einstieg, der eindrucksvoll zeigt, wie man relativ einfache Zutaten sehr schön und geschmacklich harmonisch in Szene setzen kann.

Es folgen dreierlei sehr gutes Brot, Butter sowie ein ganz hervorragendes, intensives Lauchöl, bevor das Menü mit dem Tatar von der Dorade richtig beginnt. Der Fisch ist top-frisch und mit nicht zu salzigem Impérialkaviar getoppt. Feinst gerollte und ausdekorierte, marinierte Gemüse, darunter Gurke, Karotte und Zucchini, bilden die nicht nur optisch gelungene Dekoration, Das Ganze findet sich in einer kalten Kartoffel-Spinat-Sauce, nach Art einer Vichyssoise. Letzteres gefällt mir besonders gut, weil die klassische Vichyssoise zu meinen Lieblings-Sommersuppen gehört. Und in seiner frischen und eleganten Art knüpft diese Vorspeise nahtlos an das Amuse Bouche an. Sehr gelungen.

Mit der lauwarm gegarten Forelle folgt ein Extragang, der mit seiner Kombination zu überraschen weiß. Auf dem Fisch ruht eine Scheibe konfierter Kartoffel, darauf wiederum eine ausgebackene Praline vom Schweineohr, die wiederum erneut von Kaviar getoppt ist. Der Radieschen-Frühlingslauch-Sud liefert eine milde Sämigkeit. Ich bin ja ein großer Freund von häufig eher vernachlässigten Teilen, wie hier dem Schweineohr. Und die Kombination aus dezent deftig mit mildem Fisch geht sehr gut auf.

Weiter geht es mit dem nächsten regulären Gang im Menü, der Pellkartoffel. Die ist gefüllt mit Pfifferlingen, Lauch, Spinat und Heidelbeeren, deren fruchtiger Touch eine überraschende, aber passende Note beisteuern. Die Kartoffel erhält eine Haube aus dünn gehobelten Champignons und Trüffel, was natürlich ausgezeichnet zur Pilzjus passt, die mächtig Umami-Power ins Spiel bringt. Wüsste man es nicht besser, könnte dies auch gut eine Fleischjus sein. Sehr viel überzeugender lässt sich ein vegetarisches Gericht für meinen Geschmack kaum gestalten.

Feinste französische Klassik bringt Eric Werner mit der Wachtelroulade auf den Teller, die mehr wie eine Ballotine gearbeitet ist. Sie ist mit Entenleber gefüllt, die sich auch in der traumhaft seidigen Sauce wiederfindet. Kleine Stücke von Aprikosen, Champignons und Poweraden sind von einer exzellenten Trüffeljus umspielt und auch der Kräutersalat auf der Wachtelroulade dient nicht nur zur Deko, sondern kann entscheidende Akzente setzen. Die Sauciere bleibt am Tisch und wandert – selbstverständlich – komplett leer wieder zurück in die Küche. So einem Gang merkt man in jedem Detail das ausgezeichnete Handwerk an. Dass es sehr gut schmeckt, muss ich nicht extra erwähnen.

Im Dessert kombiniert Eric Werner mit Kirschen und Schokolade zwei Zutaten, die wie gemacht füreinander sind. Herzkirschen sind hier mit einer Pistazienganache gefüllt, die für mich etwas zurückhaltend ausfällt. Die dunkle Schokoladenganache ist geschmacklich sehr gut, aber auch recht massig. Komplettiert wird das Arrangement von einem Schoko-Mokka-Eis sowie einem frisch-fruchtigen Cabernet Sauvignon-Kirsch-Sorbet. Angegossen wird ein Sud auf Basis von Assam-Tee und Pfeffer, der mit feiner Säure gut gegen die Schokolade hält. Insgesamt ist das eine schöne Variation, die ausgewogen die Balance zwischen füllig und leicht hält.

Das Menü endet mit einigen Petits Fours, darunter einem Erdbeergelee, einer Rumkugel, einem Biskuit mit Himbeeren und einem Madeleine. Üblicherweise sind letztere nicht unbedingt meine Lieblingssüßigkeit, aber hier geraten sie mit feiner Kruste deutlich knuspriger als sonst und das gefällt mir ausgesprochen gut.

Es war höchste Zeit, mal wieder im „astrein“ vorbeizuschauen. Und fairerweise muss man dazu sagen, dass es dazu auch nicht dieses Spezialangebot gebraucht hätte. Eric Werners Küche trifft einen Nerv all derjenigen, die wie ich, Spaß an klassischem Handwerk und harmonischen Kombinationen haben. Dass er selbst an diesem Abend nicht anwesend war und die Küche trotzdem reibungslos lief, spricht für das Niveau, das er hier etabliert hat.
Gleiches gilt auch für den Service, der sehr umsichtig und herzlich agierte. Auch, wenn er es mit uns an diesem Abend vielleicht besonders gut meinte, war diese aufmerksame und freundliche Art generell zu spüren. Wir haben den Abend jedenfalls sehr genossen und heben das Glas auf die nächsten vier Jahre!
Details
Restaurant: | astrein |
Adresse: | Krefelder Straße 37, 50670 Köln |
Öffnungszeiten: | Dienstag – Donnerstag: 18:30 – 23:00 Uhr Freitag – Samstag: 17:00 – 19:30 Uhr und 19:30 – 23:00 Uhr Sonntag + Montag: Ruhetag |
Website: | www.astrein-restaurant.de |
Schlagworte
astrein, Eric Werner, französisch, Köln, Michelin, moderne Klassik
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